Diabetes: 10-Jahres-Risiko (18 – 79 Jahre) (Risikoscores)

Über 90 % der Personen mit einem Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) in Deutschland sind von einem Typ-2-Diabetes betroffen (Reitzle et al. 2023). Zu den Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes zählen neben dem Alter und einer familiären Krankheitshäufung auch beeinflussbare Faktoren wie beispielsweise Übergewicht und körperliche Inaktivität. Das individuelle Risiko, in den nächsten zehn Jahren an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken (absolutes 10-Jahres-Diabetesrisiko in Prozent), kann mit dem Deutschen Diabetes-Risiko-Test bei Personen ohne bisherige Diabetesdiagnose bestimmt werden (Schiborn et al. 2022). Der Test fasst hierzu die Informationen zu verschiedenen Risikofaktoren des Typ-2-Diabetes zusammen. Die nicht-klinische Testversion beruht allein auf erfragten Informationen.

Schon gewusst?

3 von 100 Personen zwischen 18 und 79 Jahren werden in den nächsten 10 Jahren wahrscheinlich neu an einem Typ-2-Diabetes erkranken.

(Risikoscores)

2 x Männer wiesen im Vergleich zu Frauen ein fast doppelt so hohes absolutes 10-Jahres-Diabetesrisiko auf.

(Risikoscores)

Das Diabetesrisiko lag in der niedrigen Bildungsgruppe bei Frauen und Männern mehr als doppelt so hoch wie in der mittleren und hohen Bildungsgruppe.

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Ergebnis

Im Jahr 2022 betrug in Deutschland das absolute 10-Jahres-Diabetesrisiko in der 18- bis 79-jährigen Bevölkerung ohne eine bisherige Diabetesdiagnose 2,9 %. Das Risiko lag bei Männern mit 3,7 % über dem bei Frauen mit 2,3 %. Bei beiden Geschlechtern stieg das absolute 10-Jahres-Diabetesrisiko mit dem Alter an. In der Altersgruppe der 65- bis 79-Jährigen war das Risiko mit 13,2 % um ein Vielfaches höher als in der Altersgruppe der 18- bis 44-Jährigen mit 1,0 %. Sowohl Frauen als auch Männer in der niedrigen Bildungsgruppe hatten ein mindestens doppelt so hohes absolutes 10-Jahres-Diabetesrisiko im Vergleich zu denjenigen in der mittleren und hohen Bildungsgruppe. Im Vergleich zum Jahr 2017 (3,2 %) hat sich das absolute 10-Jahres-Diabetesrisiko im Jahr 2022 nicht statistisch signifikant verändert.

Fazit

Der zur Berechnung des 10-Jahres-Risikos für einen Typ-2-Diabetes herangezogene Test stellt ein validiertes Instrument dar, das ausschließlich nicht-klinische Parameter berücksichtigt (Schiborn et al. 2022, DIfE 2022). Neben nicht-veränderbaren Faktoren wie Alter und Familienvorgeschichte zu Diabetes gehen unter anderem Ernährungsfaktoren, körperliche Aktivität, Rauchverhalten und Taillenumfang in die Risikoberechnung ein, die prinzipiell durch verhaltens- und verhältnisbasierte Maßnahmen der Primärprävention beeinflussbare Faktoren darstellen. Die beobachteten deutlichen Unterschiede zwischen Frauen und Männern sowie den Bildungsgruppen weisen darauf hin, welche Bevölkerungsgruppen besonders im Fokus entsprechender Präventionsmaßnahmen stehen sollten.

Methodik und Datenquellen

Definition

Der Indikator Diabetes: 10-Jahres-Risiko ist definiert als geometrischer Mittelwert des absoluten Risikos in der Bevölkerung ohne einen bereits bekannten Diabetes, innerhalb der nächsten 10 Jahre an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken.

Operationalisierung

Die Erfassung der einzelnen Komponenten des Deutschen Diabetes-Risiko-Tests (DRT) basiert auf Selbstangaben der Befragten. Die Berechnung der DRT-Punkte beruht auf folgenden Ausprägungen der DRT-Komponenten (DIfE - Deutscher Diabetes-Risiko-Test):

Krankheitswissen und Informationsbedarfe – Diabetes mellitus 2017 und GEDA 2022

  • Alter (< 35, 35 – 39, 40 – 44, 45 – 49, 50 – 54, 55 – 59, 60 – 64, 65 – 69, 70 – 74, ≥ 75 Jahre)
  • Körpergröße (< 152, 152 – 159, 160 – 167, 168 – 175, 176 – 183, 184 – 191, ≥ 192 cm)
  • Taillenumfang (< 75, 75-79, 80 – 84, 85 – 89, 90 – 94, 95 – 99, 100 – 104, 105 – 109, 110 – 114, 115 – 119, ≥ 120 cm), der berechnet wurde basierend auf Selbstangaben zu Körpergewicht (kg), Körpergröße (cm), Alter (Jahre) und Geschlecht (Heidemann et al. 2019)
  • Rauchen (aktuell < 20 oder ≥ 20 Zigaretten/Tag, ehemals < 20 oder ≥ 20 Zigaretten/Tag, nie)
  • Körperliche Aktivität in der Freizeit (< 5 vs. ≥ 5 h/Woche)
  • Verzehr von Vollkornbrot/Müsli (0, 1, 2, 3, 4, > 4 Scheiben bzw. Portionen/Tag)
  • Verzehr von rotem Fleisch (nie oder selten, 1 – 2-mal/Woche, 3 – 4-mal/Woche, 5 – 6-mal/Woche, täglich, mehrmals täglich)
  • Kaffeekonsum (0 – 1, 2 – 5, > 5 Tassen/Tag)
  • Diagnose Hypertonie (ja/nein)
  • Diabetes bei leiblichen Eltern (nein oder nicht bekannt, ja: ein Elternteil, ja: beide Elternteile)
  • Diabetes bei mindestens einem leiblichen Geschwisterkind (nein oder nicht bekannt, ja)

Die Summe der DRT-Punkte wird zur Berechnung des absoluten 10-Jahres-Risiko für einen Typ-2-Diabetes in Prozent (%) herangezogen (Schiborn et al. 2022).

Bezugspopulation

Deutschsprachige Wohnbevölkerung in Privathaushalten von 18 bis 79 Jahren ohne bekannten Diabetes in Deutschland.

Datenquelle und Fallzahl

Die Ergebnisse basieren auf folgenden bundesweiten Befragungssurveys des Robert Koch-Instituts:

  • Krankheitswissen und Informationsbedarfe – Diabetes mellitus 2017:
    • telefonische Befragungen mit Festnetz und Mobilfunk, N = 2.127 18- bis 79-Jährige ohne bisherige Diabetesdiagnose
    • gültige Werte für den Indikator: n = 2.066
  • GEDA 2022:
    • telefonische Befragungen mit Festnetz und Mobilfunk, Erhebung unterteilt in Welle 1 bis 10 mit einem Basismodul und bis zu vier Fragebogenmodulen; N = 33.149 (relevante Teilstichprobe Welle 4 bis 10, Modul 2, n = 4.594 18- bis 79-Jährige ohne bisherige Diabetesdiagnose)
    • gültige Werte für den Indikator aus Welle 4 bis 10, Modul 2: n = 4.368

Datenqualität

Die RKI-Befragungssurveys liefern repräsentative Ergebnisse für die deutschsprachige Wohnbevölkerung Deutschlands ab 18 Jahren in Privathaushalten. Wie bei allen bevölkerungsbezogenen Studien ist davon auszugehen, dass einige Personengruppen unterrepräsentiert sind, wie Personen der niedrigen Bildungsgruppe, Menschen mit Migrationsgeschichte oder Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen. Darüber hinaus basieren alle Informationen auf Selbstangaben und nicht auf ärztlichen Interviews.

Berechnung

  • Beschreibung und Stratifizierung: Für den Indikator werden die Kennzahlen für Gesamt sowie nach Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung ausgewiesen. In der Studie Krankheitswissen und Informationsbedarfe – Diabetes mellitus 2017 sowie den GEDA-Wellen 2009 bis 2014/2015-EHIS wurden die Teilnehmenden gefragt, ob sie männlich oder weiblich sind. Seit GEDA 2019/2020-EHIS werden das Geburtsgeschlecht und die geschlechtliche Identität erhoben (Pöge et al. 2022). In den Analysen nach Geschlecht werden Personen ausgewiesen, die sich als weiblich oder männlich identifizieren. Genderdiverse Menschen, die sich diesen Kategorien nicht zuordnen, werden aufgrund der geringen Fallzahl nicht gesondert ausgewiesen, sind jedoch in der Gesamt-Kategorie enthalten. Die Darstellung nach Bundesland basiert auf dem Wohnort der Befragten. Der Bildungsstatus wird anhand des CASMIN-Indexes bestimmt (Brauns et al. 2003). Dieser verwendet Angaben zu schulischer und beruflicher Bildung und ermöglicht die Einteilung in eine niedrige, mittlere und hohe Bildungsgruppe.
  • Umgang mit unsicheren Werten: Voraussetzung für die stratifizierte Darstellung eines Indikators ist, dass die Fallzahl in der Gruppe mindestens 5 beträgt und die statistische Unsicherheit in der Schätzung der Kennziffer als akzeptabel angesehen wird (Konfidenzintervall schmaler als 25 Prozentpunkte und Variationskoeffizient ≤ 33,5 %). Letzteres bedeutet, dass die untere Grenze des Konfidenzintervalls mindestens die Hälfte des Schätzers betragen muss. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, werden die Werte nicht berichtet („zu wenige Daten“). Berichtet, jedoch als unsicher markiert, werden Werte, die auf weniger als 10 Fällen basieren, deren Konfidenzintervall breiter als 20 Prozentpunkte ist oder wenn die Untergrenze weniger als ⅔ des Schätzers beträgt (Variationskoeffizient ≤ 16,6 %). Aufgrund der Unsicherheit sollten diese Werte mit Vorsicht interpretiert werden.
  • Gewichtung: Um Abweichungen der Surveys von der zugrundeliegenden Bezugspopulation durch unterschiedliche Teilnahmebereitschaft oder Auswahlwahrscheinlichkeit zu korrigieren, wurde für die Berechnung des Indikators in jedem Survey ein Gewichtungsfaktor verwendet. Diese berücksichtigen die Ziehungswahrscheinlichkeit der Teilnehmenden und passen außerdem die Surveys an die Bevölkerungsstruktur Deutschlands hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung an. Dabei wurden die Daten des Statistischen Bundesamts zum Stichtag 31.12.2016 (Krankheitswissen und Informationsbedarfe – Diabetes mellitus 2017) und 31.12.2021 (GEDA 2022) verwendet. Die Bildungsverteilung wurde dem Mikrozensus 2016 (Krankheitswissen und Informationsbedarfe – Diabetes mellitus 2017) und 2018 (GEDA 2022) entnommen.
  • Altersstandardisierung: Eine Standardisierung nach Alter und Geschlecht wurde innerhalb der Bundesländer sowie innerhalb der Bildungsgruppen durchgeführt. Dazu wurde die europäische Standardbevölkerung 2013 verwendet. Es werden sowohl die Ergebnisse mit als auch die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung ausgewiesen. Die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung bilden die tatsächliche Alters- und Geschlechtsverteilung innerhalb der Bundesländer bzw. Bildungsgruppen ab und sind damit zum Beispiel geeignet, um Fragen des Versorgungsbedarfs zu beantworten. Bei den Ergebnissen mit Altersstandardisierung sind die Bundesländer und die Bildungsgruppen hinsichtlich Alter und Geschlecht vergleichbar. Dadurch können Unterschiede aufgezeigt werden, die sich nicht durch Alter und Geschlecht erklären lassen.
  • Berechnung:
    • Konfidenzintervalle: Die zufallsbedingte Variabilität der Ergebnisse kann den 95 %-Konfidenzintervallen in den Tabellen und Abbildungen entnommen werden. Die Konfidenzintervalle wurden mit der Logit-Methode berechnet. Dabei wurde die Streuung der Gewichtungsfaktoren berücksichtigt.

Weiterführende Links

Publikationen zum Thema

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16.02.2024, Fachartikel, English

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Deutscher Diabetes-Risiko-Test zur Bestimmung des individuellen Typ-2-Diabetes-Risikos

30.06.2022, Fachartikel, Deutsch

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01.06.2019, Fachartikel, English

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