Rauschtrinken (ab 18 Jahre) (Alkoholkonsum)

Als Rauschtrinken (englisch: Binge-Drinking) wird ein mindestens einmal im Monat stattfindender Konsum von 60 g oder mehr Reinalkohol zu einer Trinkgelegenheit bezeichnet (WHO 2018). Diese Menge entspricht dem Konsum von sechs Standardgläsern alkoholischer Getränke, die jeweils etwa 10 g Reinalkohol pro Glas enthalten. Rauschtrinken ist ein gesundheitlich besonders riskantes Trinkmuster, das akute Schäden wie Alkoholvergiftungen, Unfälle und Verletzungen verursachen kann. Bei häufigem Rauschtrinken können Alkoholabhängigkeit und vielfältige organische Schäden die Folge sein (DHS 2015). Hinzu kommen sozioökonomische Folgen für die Betroffenen sowie die Schäden für andere Personen und die Gesellschaft insgesamt. Zur Reduktion gesundheitsschädlichen Alkoholkonsums in der Bevölkerung hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Strategien auf globaler und europäischer Ebene entwickelt. Das Nationale Gesundheitsziel „Alkoholkonsum reduzieren“ orientiert sich teilweise daran.

Schon gewusst?

(Alkoholkonsum)

30,2 % der Erwachsenen gaben im Jahr 2019 an, im letzten Jahr mindestens einmal im Monat mehr als sechs alkoholische Getränke bei einem Anlass getrunken zu haben.

(Alkoholkonsum)

38,7 % der Männer gaben Rauschtrinken an, aber nur 22,2 % der Frauen.

(Alkoholkonsum)

1/2 Etwa die Hälfte der 18- bis 29-jährigen Männer berichtete regelmäßiges Rauschtrinken.

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Ergebnis

Im Jahr 2019 praktizierten in Deutschland 30,2 % der Erwachsenen mindestens einmal monatlich Rauschtrinken, das heißt, sie tranken mindestens sechs alkoholische Getränke zu einer Gelegenheit. Bei Männern war dieser Anteil mit 38,7 % deutlich größer als bei Frauen (22,2 %). Der Anteil der Personen, die mindestens einmal monatlich Rauschtrinken praktizierten, nahm mit steigendem Alter ab. Besonders häufig wurde Rauschtrinken von 18- bis 29-Jährigen praktiziert (43,7 %). Aber auch unter den 65- bis 79-Jährigen war es noch weit verbreitet, hier trank etwa jede vierte Person mindestens einmal im Monat sechs und mehr Getränke bei einer Gelegenheit. Mit einem Anteil von 50,4 % praktizierten vor allem 18- bis 29-jährige Männer mindestens einmal im Monat Rauschtrinken. Unter gleichaltrigen Frauen taten dies nur 35,7 %. Dieser Anteil lag bei Frauen jedoch deutlich über den der höheren Altersgruppen. In der niedrigen Bildungsgruppe ist der Anteil mit monatlichem Rauschtrinken mit 25,1 % niedriger als in der mittleren (33,2 %) und der hohen Bildungsgruppe (30,2 %). Im Bundeslandvergleich lag der Anteil der Erwachsenen, die mindestens einmal monatlich Rauschtrinken praktizieren, überall auf ähnlichem Niveau wie der bundesweite Anteil.

Fazit

Fast ein Drittel der Erwachsenen in Deutschland praktizierte monatliches Rauschtrinken. Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede nach Geschlecht, Alter und Bildung. Es sollten daher weitere Anstrengungen unternommen werden, den Alkoholkonsum zu reduzieren. Dafür ist ein Policy Mix notwendig, der vielfältige Akteurinnen und Akteure einbezieht und aus einer Kombination von verhältnis- und verhaltenspräventiven Maßnahmen besteht. So könnten über gesetzliche Bestimmungen solche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die schädliche Konsummuster reduzieren. Dazu gehören zum Beispiel spezifische Verkaufsverbote nach Ort und Altersgruppe, Begrenzung von Alkoholwerbung und die Preisgestaltung mittels Steuern. Im Bereich Verhaltensprävention ist die Schaffung eines Problembewusstseins für die negativen Auswirkungen des Rauschtrinkens in Politik und Gesellschaft vorrangig und wichtige Voraussetzung dafür, dass das Gesundheitsziel „Alkoholkonsum reduzieren“ wirksam umgesetzt wird (WHO 2018).

Methodik und Datenquellen

Definition

Der Indikator Rauschtrinken ist definiert als der Anteil der Erwachsenen, die mindestens einmal pro Monat sechs oder mehr alkoholische Getränke bei einem Anlass trinken.

Operationalisierung

Die Erfassung des Rauschtrinkens basiert auf Selbstangaben der Befragten:

GEDA 2019/2020-EHIS:

  • „Wie oft haben Sie in den letzten 12 Monaten sechs oder mehr alkoholische Getränke bei einem Anlass getrunken? Zum Beispiel während einer Party, eines Essens, beim Ausgehen mit Freunden oder alleine zu Hause.“ Dieses Verhalten wird als „Rauschtrinken“ bezeichnet.“
  • Antwortmöglichkeiten: „Täglich oder fast täglich“, „An 5 – 6 Tagen pro Woche“, „An 3 – 4 Tagen pro Woche“, „An 1 – 2 Tagen pro Woche“, „An 2 – 3 Tagen pro Monat“, „Einmal im Monat“, „Weniger als einmal im Monat“, „Nicht in den letzten 12 Monaten“, „Nie in meinem Leben“, „weiß nicht“
  • Wurde „Einmal im Monat“ oder häufiger angekreuzt, wird monatliches Rauschtrinken angenommen.

Bezugspopulation

Deutschsprachige Wohnbevölkerung in Privathaushalten ab 18 Jahren in Deutschland.

Datenquelle und Fallzahl

Die Ergebnisse basieren auf folgendem bundesweiten Befragungssurvey des Robert Koch-Instituts:

  • GEDA 2019/2020-EHIS:
    • telefonische Befragungen mit Festnetz und Mobilfunk, N = 23.001
    • gültige Werte für den Indikator: n = 22.461

Datenqualität

Die RKI-Befragungssurveys liefern repräsentative Ergebnisse für die deutschsprachige Wohnbevölkerung Deutschlands ab 18 Jahren. Wie bei allen bevölkerungsbezogenen Studien ist davon auszugehen, dass einige Personengruppen unterrepräsentiert sind, wie Personen der niedrigen Bildungsgruppe, Menschen mit Migrationsgeschichte oder Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen. Darüber hinaus basieren alle Informationen auf Selbstangaben und nicht auf ärztlichen Interviews.

Weiterführende Links

Berechnung

  • Beschreibung und Stratifizierung: Für den Indikator werden die Kennzahlen für Gesamt sowie nach Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung ausgewiesen. In den GEDA-Wellen 2009 bis 2014/2015-EHIS wurden die Teilnehmenden gefragt, ob sie männlich oder weiblich sind. Seit GEDA 2019/2020-EHIS werden das Geburtsgeschlecht und die geschlechtliche Identität erhoben (Pöge et al. 2022). In den Analysen nach Geschlecht werden Personen ausgewiesen, die sich als weiblich oder männlich identifizieren. Genderdiverse Menschen, die sich diesen Kategorien nicht zuordnen, werden aufgrund der geringen Fallzahl nicht gesondert ausgewiesen, sind jedoch in der Gesamt-Kategorie enthalten. Die Darstellung nach Bundesland basiert auf dem Wohnort der Befragten. Der Bildungsstatus wird anhand des CASMIN-Indexes bestimmt (Brauns et al. 2003). Dieser verwendet Angaben zu schulischer und beruflicher Bildung und ermöglicht die Einteilung in eine niedrige, mittlere und hohe Bildungsgruppe.
  • Umgang mit unsicheren Werten: Voraussetzung für die stratifizierte Darstellung eines Indikators ist, dass die Fallzahl in der Gruppe mindestens 5 beträgt und die statistische Unsicherheit in der Schätzung der Kennziffer als akzeptabel angesehen wird (Konfidenzintervall schmaler als 25 Prozentpunkte und Variationskoeffizient ≤ 33,5 %). Letzteres bedeutet, dass die untere Grenze des Konfidenzintervalls mindestens die Hälfte des Schätzers betragen muss. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, werden die Werte nicht berichtet („zu wenige Daten“). Berichtet, jedoch als unsicher markiert, werden Werte, die auf weniger als 10 Fällen basieren, deren Konfidenzintervall breiter als 20 Prozentpunkte ist oder wenn die Untergrenze weniger als ⅔ des Schätzers beträgt (Variationskoeffizient ≤ 16,6 %). Aufgrund der Unsicherheit sollten diese Werte mit Vorsicht interpretiert werden.
  • Gewichtung: Um Abweichungen der Surveys von der zugrundeliegenden Bezugspopulation durch unterschiedliche Teilnahmebereitschaft oder Auswahlwahrscheinlichkeit zu korrigieren, wurde für die Berechnung des Indikators in jedem Survey ein Gewichtungsfaktor verwendet. Diese berücksichtigen die Ziehungswahrscheinlichkeit der Teilnehmenden und passen außerdem die Surveys an die Bevölkerungsstruktur Deutschlands hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung an. In GEDA 2019/2020-EHIS wurde zusätzlich die regionale Siedlungsstruktur (Kreistyp) berücksichtigt. Dabei wurden die Daten des Statistischen Bundesamts zum Stichtag 31.12.2019 (GEDA 2019/2020-EHIS) verwendet. Die Bildungsverteilung wurde dem Mikrozensus 2017 entnommen.
  • Altersstandardisierung: Eine Standardisierung nach Alter und Geschlecht wurde innerhalb der Bundesländer sowie innerhalb der Bildungsgruppen durchgeführt. Dazu wurde die europäische Standardbevölkerung 2013 verwendet. Es werden sowohl die Ergebnisse mit als auch die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung ausgewiesen. Die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung bilden die tatsächliche Alters- und Geschlechtsverteilung innerhalb der Bundesländer bzw. Bildungsgruppen ab und sind damit zum Beispiel geeignet, um Fragen des Versorgungsbedarfs zu beantworten. Bei den Ergebnissen mit Altersstandardisierung sind die Bundesländer und die Bildungsgruppen hinsichtlich Alter und Geschlecht vergleichbar. Dadurch können Unterschiede aufgezeigt werden, die sich nicht durch Alter und Geschlecht erklären lassen.
  • Berechnung:
    • Konfidenzintervalle: Die zufallsbedingte Variabilität der Ergebnisse kann den 95 %-Konfidenzintervallen in den Tabellen und Abbildungen entnommen werden. Die Konfidenzintervalle wurden mit der Logit-Methode berechnet. Dabei wurde die Streuung der Gewichtungsfaktoren berücksichtigt.
    • Regionale Unterschiede: Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Bundesländern und dem Bundesdurchschnitt wurden mittels Chi-Quadrat-Test unter Adjustierung für multiples Testen ermittelt. Dabei wurden die einzelnen Bundesländer im Vergleich zu den jeweils verbleibenden Bundesländern (zusammengefasst) getestet. Die Einteilung in der Karte erfolgt anhand von fünf äquidistanten Kategorien.

Aktuelle Publikationen

Risky Alcohol Consumption and Heavy Episodic Drinking among Parents in Germany

05.12.2019, Fachartikel, English

Introduction: Risky alcohol consumption (RAC) and heavy episodic drinking (HED) by parents can have negative effects on their children. At present, little is known about these forms of alcohol consumption among parents in Germany. The aim of this analysis is to estimate the percentage of parents living in Germany who practise RAC and HED and to study associations between these consumption patterns …

Alkoholkonsum von Erwachsenen in Deutschland: Riskante Trinkmengen, Folgen und Maßnahmen

28.09.2016, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Gesundheitsschädlicher Alkoholkonsum zählt zu den fünf wesentlichen Risikofaktoren für Krankheiten, Beeinträchtigungen und Todesfälle weltweit. Er wird als mitverursachend für mehr als 200 Krankheiten angesehen und ist für die Entstehung vieler beabsichtigter und unbeabsichtigter Verletzungen mit verantwortlich. Zur Reduktion gesundheitsschädlichen Alkoholkonsums wurde in Deutschland aktuell das …

Riskanter Alkoholkonsum und Rauschtrinken unter Berücksichtigung von Verletzungen und der Inanspruchnahme alkoholspezifischer medizinischer Beratung

25.05.2013, Fachartikel, Deutsch

Die Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) wurde von 2008 bis 2011 durchgeführt und umfasste Befragungen, Untersuchungen und Tests. Zielpopulation war die in Deutschland lebende Bevölkerung im Alter von 18 bis 79 Jahren (N = 8152). Daten zum Alkoholkonsum, Risikokonsum und Rauschtrinken wurden im Selbstausfüllfragebogen mit dem Alcohol Use Disorder Identification Test – …