Bewegungsverhalten (ab 18 Jahre) (Körperliche Aktivität)

Regelmäßige Bewegung, auch körperliche Aktivität genannt, spielt eine wichtige Rolle bei der Prävention und Behandlung nichtübertragbarer Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Brust- und Darmkrebs. Zudem wirkt sich regelmäßige Bewegung positiv auf die psychische Gesundheit aus und kann dazu beitragen, die Entstehung von Übergewicht zu verhindern. Die aktuellen Bewegungsempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie die nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung beinhalten für Erwachsene zwei Aspekte (WHO 2020): Zum einem wird empfohlen, mindestens 150 Minuten in der Woche mit einer mittleren bis hohen Intensität körperlich aktiv zu sein (Ausdaueraspekt). Zum anderen wird empfohlen, an mindestens zwei Tagen der Woche Übungen zur Kräftigung der Muskulatur durchzuführen (Muskelkräftigungsaspekt). Die empfohlene Bewegung kann in unterschiedlichen Lebensbereichen ausgeübt werden, beispielsweise in Form von gezieltem Sporttreiben in der Freizeit oder durch Zurücklegen von alltäglichen Wegstrecken mit dem Fahrrad.

Schon gewusst?

(Körperliche Aktivität)

26,3 % der Erwachsenen erreichten im Jahr 2019 die Empfehlung zur Ausdaueraktivität und Muskelkräftigung.

(Körperliche Aktivität)

43,4 % der 18- bis 29-Jährigen erreichten die Bewegungsempfehlung, aber nur 10,2 % der über 80-Jährigen.

(Körperliche Aktivität)

Personen der niedrigen Bildungsgruppe erreichten die Bewegungsempfehlung deutlich seltener als Personen der hohen Bildungsgruppe.

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Ergebnis

Im Jahr 2019 erreichten in Deutschland 26,3 % der Erwachsenen die Bewegungsempfehlung, die aus einer Empfehlung zur Ausdaueraktivität und einer Empfehlung zur Muskelkräftigung besteht. 48,0 % der Erwachsenen erreichten die Empfehlung zur Ausdaueraktivität, 36,3 % die Empfehlung zur Muskelkräftigung. Die Bewegungsempfehlung, sowohl einzeln als auch die Kombination beider Empfehlungen, wurde von Männern häufiger erreicht als von Frauen. So lag der Anteil der Männer, die beide Empfehlungen erreichten, bei 29,4 %, während es bei Frauen 23,3 % waren. Im Altersverlauf nahm der Anteil der Erwachsenen, die sich ausreichend bewegten, ab: Während 43,4 % der 18- bis 29-Jährigen beide Empfehlungen erreichten, betrug der Anteil bei den Personen ab 80 Jahren nur noch 10,2 %. Personen der niedrigen Bildungsgruppe erreichten die Bewegungsempfehlungen zur Ausdaueraktivität, zur Muskelkräftigung sowie die Kombination beider Empfehlungen seltener als Personen der mittleren und der hohen Bildungsgruppe: 16,4 % der Personen der niedrigen Bildungsgruppe erreichten beide Empfehlungen, während es 29,5 % der Personen der mittleren und 33,2 % der Personen der hohen Bildungsgruppe waren. In Thüringen lag der Anteil der Frauen, die Bewegungsempfehlungen zur Ausdaueraktivität und Muskelkräftigung erreichten, unter dem Bundesdurchschnitt. In den anderen Bundesländern zeigten sich, im Vergleich zum Bundesdurchschnitt, keine bedeutsamen Unterschiede.

Fazit

Drei Viertel der Erwachsenen in Deutschland erreichten nicht die Bewegungsempfehlung und haben dadurch ein erhöhtes Risiko ihre Gesundheit durch Bewegungsmangel zu gefährden. Somit sind effektive Maßnahmen zur Bewegungsförderung dringend nötig, die vor allem Ältere und Personen der niedrigen Bildungsgruppe erreichen sollten. Maßnahmen der Bewegungsförderung sollten einen verhältnispräventiven Ansatz beinhalten, der einen einfachen Zugang zur gesundheitsförderlichen Bewegung in der Lebenswelt der Erwachsenen ermöglicht. Dies sind beispielsweise attraktive und niederschwellig zugängliche Grünflächen und Sportanlagen in der Wohngegend sowie gut ausgebaute Geh- und Fahrradwege.

Methodik und Datenquellen

Definition

Der Indikator Bewegungsverhalten ist definiert als der Anteil der Erwachsenen, die mindestens 150 Minuten pro Woche körperlich aktiv sind und an mindestens zwei Tagen der Woche Übungen zur Muskelkräftigung ausüben.

Operationalisierung

Die Erfassung des Bewegungsverhaltens basiert auf Selbstangaben der Befragten:

GEDA 2019/2020-EHIS:

Erfassung der körperlichen Aktivität in der Freizeit:

  • „An wie vielen Tagen in einer typischen Woche üben Sie mindestens 10 Minuten ohne Unterbrechung Sport, Fitness oder körperliche Aktivität in der Freizeit aus?“
    • Anzahl der Tage pro Woche
    • Nie oder seltener als 1 Tag pro Woche
  • „Wie viel Zeit verbringen Sie insgesamt in einer typischen Woche mit Sport, Fitness oder körperlicher Aktivität in der Freizeit?“
    • Angabe in Minuten bzw. Stunden

Erfassung des Fahrradfahrens zur Fortbewegung:

  • „An wie vielen Tagen in einer typischen Woche fahren Sie mindestens 10 Minuten ohne Unterbrechung mit dem Fahrrad, um von Ort zu Ort zu gelangen?“
    • Anzahl der Tage pro Woche/Nie oder seltener als 1 Tag pro Woche
  • „Wie lange fahren Sie an einem typischen Tag mit dem Fahrrad, um von Ort zu Ort zu gelangen?“
    • „10 – 29 Minuten pro Tag“
    • „30 – 59 Minuten pro Tag“
    • „1 Stunde bis unter 2 Stunden pro Tag“
    • „2 Stunden bis unter 3 Stunden pro Tag“
    • „3 Stunden pro Tag und mehr“

Erfassung der Muskelkräftigung:

  • „An wie vielen Tagen in einer typischen Woche üben Sie körperliche Aktivitäten aus, die speziell für den Aufbau oder die Kräftigung der Muskulatur gedacht sind? Zum Beispiel: Krafttraining oder Kräftigungsübungen mit Gewichten, Thera-Band, eigenem Körpergewicht, Kniebeugen, Liegestützen oder Sit-ups. Geben Sie hier alle Aktivitäten dieser Art an, selbst wenn Sie sie vorher bereits mit einbezogen haben.“
    • Anzahl der Tage pro Woche
    • Nie oder seltener als 1 Tag pro Woche

Über die Angabe der Tage pro Woche sowie die Zeit pro Tag wird die Dauer pro Woche berechnet, in der körperliche Aktivität in der Freizeit sowie Radfahren zur Fortbewegung ausgeübt wird. Zudem wird die Häufigkeit von Übungen zur Muskelkräftigung erfragt.

Bezugspopulation

Deutschsprachige Wohnbevölkerung in Privathaushalten ab 18 Jahren in Deutschland.

Datenquelle und Fallzahl

Die Ergebnisse basieren auf folgendem bundesweiten Befragungssurvey des Robert Koch-Instituts:

  • GEDA 2019/2020-EHIS:
    • telefonische Befragungen mit Festnetz und Mobilfunk, N = 23.001
    • gültige Werte für den Indikator zum Bewegungsverhalten (Ausdaueraktivität und Muskelkräftigung): n = 22.389, zur Ausdaueraktivität: n = 22.443, zur Muskelkräftigung: n = 22.632

Datenqualität

Die RKI-Befragungssurveys liefern repräsentative Ergebnisse für die deutschsprachige Wohnbevölkerung Deutschlands ab 18 Jahren. Wie bei allen bevölkerungsbezogenen Studien ist davon auszugehen, dass einige Personengruppen unterrepräsentiert sind, wie Personen der niedrigen Bildungsgruppe, Menschen mit Migrationsgeschichte oder Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen. Darüber hinaus basieren alle Informationen auf Selbstangaben und nicht auf ärztlichen Interviews.

Berechnung

  • Beschreibung und Stratifizierung: Für den Indikator werden die Kennzahlen für Gesamt sowie nach Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung ausgewiesen. In den GEDA-Wellen 2009 bis 2014/2015-EHIS wurden die Teilnehmenden gefragt, ob sie männlich oder weiblich sind. Seit GEDA 2019/2020-EHIS werden das Geburtsgeschlecht und die geschlechtliche Identität erhoben (Pöge et al. 2022). In den Analysen nach Geschlecht werden Personen ausgewiesen, die sich als weiblich oder männlich identifizieren. Genderdiverse Menschen, die sich diesen Kategorien nicht zuordnen, werden aufgrund der geringen Fallzahl nicht gesondert ausgewiesen, sind jedoch in der Gesamt-Kategorie enthalten. Die Darstellung nach Bundesland basiert auf dem Wohnort der Befragten. Der Bildungsstatus wird anhand des CASMIN-Indexes bestimmt (Brauns et al. 2003). Dieser verwendet Angaben zu schulischer und beruflicher Bildung und ermöglicht die Einteilung in eine niedrige, mittlere und hohe Bildungsgruppe.
  • Umgang mit unsicheren Werten: Voraussetzung für die stratifizierte Darstellung eines Indikators ist, dass die Fallzahl in der Gruppe mindestens 5 beträgt und die statistische Unsicherheit in der Schätzung der Kennziffer als akzeptabel angesehen wird (Konfidenzintervall schmaler als 25 Prozentpunkte und Variationskoeffizient ≤ 33,5 %). Letzteres bedeutet, dass die untere Grenze des Konfidenzintervalls mindestens die Hälfte des Schätzers betragen muss. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, werden die Werte nicht berichtet („zu wenige Daten“). Berichtet, jedoch als unsicher markiert, werden Werte, die auf weniger als 10 Fällen basieren, deren Konfidenzintervall breiter als 20 Prozentpunkte ist oder wenn die Untergrenze weniger als ⅔ des Schätzers beträgt (Variationskoeffizient ≤ 16,6 %). Aufgrund der Unsicherheit sollten diese Werte mit Vorsicht interpretiert werden.
  • Gewichtung: Um Abweichungen der Surveys von der zugrundeliegenden Bezugspopulation durch unterschiedliche Teilnahmebereitschaft oder Auswahlwahrscheinlichkeit zu korrigieren, wurde für die Berechnung des Indikators in jedem Survey ein Gewichtungsfaktor verwendet. Diese berücksichtigen die Ziehungswahrscheinlichkeit der Teilnehmenden und passen außerdem die Surveys an die Bevölkerungsstruktur Deutschlands hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung an. In GEDA 2019/2020-EHIS wurde zusätzlich die regionale Siedlungsstruktur (Kreistyp) berücksichtigt. Dabei wurden die Daten des Statistischen Bundesamts zum Stichtag 31.12.2019 (GEDA 2019/2020-EHIS) verwendet. Die Bildungsverteilung wurde dem Mikrozensus 2017 entnommen.
  • Altersstandardisierung: Eine Standardisierung nach Alter und Geschlecht wurde innerhalb der Bundesländer sowie innerhalb der Bildungsgruppen durchgeführt. Dazu wurde die europäische Standardbevölkerung 2013 verwendet. Es werden sowohl die Ergebnisse mit als auch die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung ausgewiesen. Die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung bilden die tatsächliche Alters- und Geschlechtsverteilung innerhalb der Bundesländer bzw. Bildungsgruppen ab und sind damit zum Beispiel geeignet, um Fragen des Versorgungsbedarfs zu beantworten. Bei den Ergebnissen mit Altersstandardisierung sind die Bundesländer und die Bildungsgruppen hinsichtlich Alter und Geschlecht vergleichbar. Dadurch können Unterschiede aufgezeigt werden, die sich nicht durch Alter und Geschlecht erklären lassen.
  • Berechnung:
    • Konfidenzintervalle: Die zufallsbedingte Variabilität der Ergebnisse kann den 95 %-Konfidenzintervallen in den Tabellen und Abbildungen entnommen werden. Die Konfidenzintervalle wurden mit der Logit-Methode berechnet. Dabei wurde die Streuung der Gewichtungsfaktoren berücksichtigt.
    • Regionale Unterschiede: Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Bundesländern und dem Bundesdurchschnitt wurden mittels Chi-Quadrat-Test unter Adjustierung für multiples Testen ermittelt. Dabei wurden die einzelnen Bundesländer im Vergleich zu den jeweils verbleibenden Bundesländern (zusammengefasst) getestet. Die Einteilung in der Karte erfolgt anhand von fünf äquidistanten Kategorien. 

Weiterführende Links

Publikationen zum Thema

Gesundheitsfördernde Verhaltensweisen bei Erwachsenen in Deutschland

15.09.2021, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Gesundheitsfördernde Verhaltensweisen sind in jedem Alter wichtig zur Vermeidung von Krankheiten und zur Förderung des Wohlbefindens. Mit Informationen der Studie GEDA 2019/2020-EHIS, einer deutschlandweiten, repräsentativen Befragung, wird beschrieben, wie häufig bestimmte Verhaltensweisen aktuell im Alltag der erwachsenen Bevölkerung auftreten. Betrachtet werden Nichtrauchen, risikoarmer …

Development of the European Health Interview Survey - Physical Activity Questionnaire (EHIS-PAQ) to monitor physical activity in the European Union

02.12.2015, Fachartikel, English

Background: A domain-specific physical activity questionnaire (EHIS-PAQ) was developed in the framework of the second wave of the European Health Interview Survey (EHIS). This article presents the EHIS-PAQ and describes its development and evaluation processes.

Methods: Research institutes from Belgium, Estonia and Germany participated in the Improvement of the EHIS (ImpEHIS) Grant project issued …

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