Sitzen (ab 18 Jahre) (Körperliche Aktivität)

Der Indikator Sitzen bezieht sich auf sogenanntes sedentäres Verhalten, das Tätigkeiten beinhaltet, die mit einem geringen Energieverbrauch einhergehen. Es sind demnach alle Tätigkeiten gemeint, die meist sitzend oder liegend ausgeführt werden, wobei das Schlafen nicht inbegriffen ist. Negative Gesundheitsfolgen von vermehrtem sedentärem Verhalten können Gebrechlichkeit, körperliche Einschränkungen, eine verminderte kognitive Leistungsfähigkeit sowie Depression sein (Saunders et al. 2020). Derzeit existieren keine konkreten Empfehlungen zur Dauer des sedentären Verhaltens, die täglich nicht überschritten werden sollte, da diesbezüglich die Studienlage nicht ausreichend ist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt jedoch grundsätzlich, die Dauer des sedentären Verhaltens zu begrenzen und diese durch Bewegung zu ersetzen (WHO 2020). Zur besseren Lesbarkeit wird im nachfolgenden Text das Wort „Sitzen“ verwendet, wobei auch liegend ausgeführte Tätigkeiten gemeint sind.

Schon gewusst?

(Körperliche Aktivität)

19,5 % der Erwachsenen saßen im Jahr 2019 mindestens acht Stunden am Tag.

(Körperliche Aktivität)

22,3 % der Männer saßen mindestens acht Stunden am Tag, aber nur 16,7 % der Frauen.

(Körperliche Aktivität)

Personen der hohen Bildungsgruppe saßen häufiger mindestens acht Stunden am Tag als Personen der niedrigen und der mittleren Bildungsgruppe.

Visualisierung

Darstellung
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Zeitverlauf

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NachAlter

NachGechlecht

NachBildung

Ergebnis

Im Jahr 2019 saßen in Deutschland 19,5 % der Erwachsenen täglich für mindestens acht Stunden. Mit 22,3 % saßen Männer häufiger für acht Stunden am Tag als Frauen (16,7 %). Im Altersverlauf nahm der Anteil der Frauen, die mindestens acht Stunden am Tag saßen, bis einschließlich der Altersgruppe der 65- bis 79-Jährigen ab und bei den 80-jährigen und älteren Frauen wieder leicht zu: Während 25,4 % der 18- bis 29-jährigen Frauen mindestens acht Stunden am Tag saßen, waren es bei den 65- bis 79-Jährigen 5,8 %. Der Anteil der Männer, die mindestens acht Stunden am Tag saßen, nahm ab der Altersgruppe der 64- bis 79-Jährigen ab und blieb dann nahezu unverändert. Personen der hohen Bildungsgruppe (31,2 %) saßen häufiger mindestens acht Stunden am Tag als Personen der mittleren (19,5 %) und der niedrigen Bildungsgruppe (12,3 %). Im Vergleich der Bundesländer war der Anteil derjenigen, die täglich für mindestens acht Stunden saßen, lediglich in Berlin signifikant höher als der bundesweite Durchschnitt.

Fazit

Ein Fünftel der Erwachsenen in Deutschland verbrachte einen erheblichen Anteil der wachen Zeit mit Tätigkeiten, die mit einem sehr geringen Energieverbrauch einhergehen. Inwiefern dieses Verhalten die Gesundheit gefährdet, hängt auch davon ab, wie viel und mit welcher Intensität sich die Personen in der restlichen Zeit des Tages bewegen. Studien zeigten, dass die negativen Effekte des Sitzens zumindest teilweise durch Bewegung kompensiert werden können (Ekelund et al. 2019). Da jedoch drei Viertel der Erwachsenen aktuelle Bewegungsempfehlungen nicht erreichen (siehe Indikator Bewegungsverhalten), ist nicht von einer mehrheitlichen Kompensation der Sitzzeiten durch Bewegung auszugehen. Aufgrund dessen sind effektive Maßnahmen zur Bewegungsförderung und zur Unterbrechung von Sitzzeiten nötig, um negativen Effekten auf die Gesundheit entgegenzuwirken. Diese Maßnahmen sollten vorrangig einen verhältnispräventiven Ansatz beinhalten, bei dem die Lebenswelt von Erwachsenen bewegungsfreundlich gestaltet wird.

Methodik und Datenquellen

Definition

Der Indikator Sitzen ist definiert als Anteil der Erwachsenen, die mindestens acht Stunden am Tag im Wachzustand sitzen oder liegen (sedentäres Verhalten).

Operationalisierung

Die Erfassung des Sitzens basiert auf Selbstangaben der Befragten:

GEDA 2019/2020-EHIS:

  • „Bei dieser Frage geht es um die Zeit, die Sie gewöhnlicherweise mit Sitzen oder Ruhen verbringen, bei der Arbeit, zu Hause, zur Fortbewegung oder mit Freunden. Zum Beispiel: am Schreibtisch sitzen, mit Freunden zusammensitzen, Auto, Bus, Zug fahren, lesen oder fernsehen. Die Zeit, die Sie mit schlafen verbringen, sollte ausgeschlossen werden. Wie viel Zeit verbringen Sie an einem gewöhnlichen Tag mit Sitzen oder Ruhen?“
  • Antwortmöglichkeiten: „Weniger als 4 Stunden pro Tag“, „4 Stunden bis unter 6 Stunden pro Tag“, „6 Stunden bis unter 8 Stunden pro Tag“, „8 Stunden bis unter 10 Stunden pro Tag“, „10 Stunden bis unter 12 Stunden pro Tag“, „12 Stunden pro Tag und mehr “.
  • Wurde eine der drei letzten Antwortkategorien bejaht, wird das Sitzen von mindestens acht Stunden am Tag angenommen.

Bezugspopulation

Deutschsprachige Wohnbevölkerung in Privathaushalten ab 18 Jahren in Deutschland.

Datenquelle und Fallzahl

Die Ergebnisse basieren auf folgendem bundesweiten Befragungssurvey des Robert Koch-Instituts:

  • GEDA 2019/2020-EHIS:
    • telefonische Befragungen mit Festnetz und Mobilfunk, N = 23.001
    • gültige Werte für den Indikator: n = 22.560

Datenqualität

Die RKI-Befragungssurveys liefern repräsentative Ergebnisse für die deutschsprachige Wohnbevölkerung Deutschlands ab 18 Jahren. Wie bei allen bevölkerungsbezogenen Studien ist davon auszugehen, dass einige Personengruppen unterrepräsentiert sind, wie Personen der niedrigen Bildungsgruppe, Menschen mit Migrationsgeschichte oder Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen. Darüber hinaus basieren alle Informationen auf Selbstangaben und nicht auf ärztlichen Interviews.

Weiterführende Links

Berechnung

  • Beschreibung und Stratifizierung: Für den Indikator werden die Kennzahlen für Gesamt sowie nach Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung ausgewiesen. In den GEDA-Wellen 2009 bis 2014/2015-EHIS wurden die Teilnehmenden gefragt, ob sie männlich oder weiblich sind. Seit GEDA 2019/2020-EHIS werden das Geburtsgeschlecht und die geschlechtliche Identität erhoben (Pöge et al. 2022). In den Analysen nach Geschlecht werden Personen ausgewiesen, die sich als weiblich oder männlich identifizieren. Genderdiverse Menschen, die sich diesen Kategorien nicht zuordnen, werden aufgrund der geringen Fallzahl nicht gesondert ausgewiesen, sind jedoch in der Gesamt-Kategorie enthalten. Die Darstellung nach Bundesland basiert auf dem Wohnort der Befragten. Der Bildungsstatus wird anhand des CASMIN-Indexes bestimmt (Brauns et al. 2003). Dieser verwendet Angaben zu schulischer und beruflicher Bildung und ermöglicht die Einteilung in eine niedrige, mittlere und hohe Bildungsgruppe.
  • Umgang mit unsicheren Werten: Voraussetzung für die stratifizierte Darstellung eines Indikators ist, dass die Fallzahl in der Gruppe mindestens 5 beträgt und die statistische Unsicherheit in der Schätzung der Kennziffer als akzeptabel angesehen wird (Konfidenzintervall schmaler als 25 Prozentpunkte und Variationskoeffizient ≤ 33,5 %). Letzteres bedeutet, dass die untere Grenze des Konfidenzintervalls mindestens die Hälfte des Schätzers betragen muss. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, werden die Werte nicht berichtet („zu wenige Daten“). Berichtet, jedoch als unsicher markiert, werden Werte, die auf weniger als 10 Fällen basieren, deren Konfidenzintervall breiter als 20 Prozentpunkte ist oder wenn die Untergrenze weniger als ⅔ des Schätzers beträgt (Variationskoeffizient ≤ 16,6 %). Aufgrund der Unsicherheit sollten diese Werte mit Vorsicht interpretiert werden.
  • Gewichtung: Um Abweichungen der Surveys von der zugrundeliegenden Bezugspopulation durch unterschiedliche Teilnahmebereitschaft oder Auswahlwahrscheinlichkeit zu korrigieren, wurde für die Berechnung des Indikators in jedem Survey ein Gewichtungsfaktor verwendet. Diese berücksichtigen die Ziehungswahrscheinlichkeit der Teilnehmenden und passen außerdem die Surveys an die Bevölkerungsstruktur Deutschlands hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung an. In GEDA 2019/2020-EHIS wurde zusätzlich die regionale Siedlungsstruktur (Kreistyp) berücksichtigt. Dabei wurden die Daten des Statistischen Bundesamts zum Stichtag 31.12.2019 (GEDA 2019/2020-EHIS) verwendet. Die Bildungsverteilung wurde dem Mikrozensus 2017 entnommen.
  • Altersstandardisierung: Eine Standardisierung nach Alter und Geschlecht wurde innerhalb der Bundesländer sowie innerhalb der Bildungsgruppen durchgeführt. Dazu wurde die europäische Standardbevölkerung 2013 verwendet. Es werden sowohl die Ergebnisse mit als auch die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung ausgewiesen. Die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung bilden die tatsächliche Alters- und Geschlechtsverteilung innerhalb der Bundesländer bzw. Bildungsgruppen ab und sind damit zum Beispiel geeignet, um Fragen des Versorgungsbedarfs zu beantworten. Bei den Ergebnissen mit Altersstandardisierung sind die Bundesländer und die Bildungsgruppen hinsichtlich Alter und Geschlecht vergleichbar. Dadurch können Unterschiede aufgezeigt werden, die sich nicht durch Alter und Geschlecht erklären lassen.
  • Berechnung:
    • Konfidenzintervalle: Die zufallsbedingte Variabilität der Ergebnisse kann den 95 %-Konfidenzintervallen in den Tabellen und Abbildungen entnommen werden. Die Konfidenzintervalle wurden mit der Logit-Methode berechnet. Dabei wurde die Streuung der Gewichtungsfaktoren berücksichtigt.
    • Regionale Unterschiede: Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Bundesländern und dem Bundesdurchschnitt wurden mittels Chi-Quadrat-Test unter Adjustierung für multiples Testen ermittelt. Dabei wurden die einzelnen Bundesländer im Vergleich zu den jeweils verbleibenden Bundesländern (zusammengefasst) getestet. Die Einteilung in der Karte erfolgt anhand von fünf äquidistanten Kategorien.  

Publikationen zum Thema

Wie viel sitzen Erwachsene? Ergebnisse der Studie Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA 2019/2020-EHIS)

14.09.2022, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Hintergrund: Sitzendes Verhalten wird zunehmend als ein Risikofaktor für die Entstehung von Erkrankungen und für eine erhöhte Sterblichkeit wahrgenommen. Insbesondere erhöhte Sitzzeiten in Kombination mit geringer körperlicher Aktivität scheinen negative Gesundheitsfolgen zu haben.

Methode: In der bundesweiten Querschnittstudie Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA 2019/2020-EHIS) wurde der …

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