Darmkrebsfrüherkennung (ab 50/55 Jahre) (Vorsorge und Früherkennung)

Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen bei Erwachsenen in Deutschland, jede neunte Krebsneuerkrankung betrifft den Darm. Das Erkrankungsrisiko steigt mit dem Alter, die Mehrzahl der Betroffenen erhält die Diagnose jenseits des 70. Lebensjahres. Darmkrebs ist bei beiden Geschlechtern die dritthäufigste Krebstodesursache (RKI 2023). Zu den wichtigsten beeinflussbaren Risikofaktoren für Darmkrebs gehören Rauchen und Adipositas, gefolgt von Bewegungsmangel, ballaststoffarmer Ernährung, Alkoholkonsum und häufiger Verzehr von rotem beziehungsweise verarbeitetem Fleisch. Zur Früherkennung von Darmkrebs im Rahmen des gesetzlichen Darmkrebs-Screening-Programms können Personen im Alter von 50 bis 54 Jahren jährlich und ab 55 Jahren alle zwei Jahre einen immunologischen Test auf verstecktes Blut im Stuhl durchführen lassen. Ab 50 Jahren (Männer) beziehungsweise 55 Jahren (Frauen) sieht das Krebsfrüherkennungsprogramm eine Darmspiegelung (Koloskopie) vor, die bei unauffälligem Befund nach zehn Jahren wiederholt werden kann (G-BA 2023).

Schon gewusst?

(Vorsorge und Früherkennung)

58,7 % der Frauen ab 55 Jahren berichteten im Jahr 2019, eine Koloskopie in den letzten 10 Jahren in Anspruch genommen zu haben.

(Vorsorge und Früherkennung)

53,4 % der Männer ab 50 Jahren berichteten im Jahr 2019, eine Koloskopie in den letzten 10 Jahren in Anspruch genommen zu haben.

(Vorsorge und Früherkennung)

Die Inanspruchnahme einer Koloskopie in den letzten 10 Jahren ist in der ältesten Altersgruppe am höchsten.

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Ergebnis

Im Jahr 2019 gaben in Deutschland 58,7 % der Frauen ab 55 Jahren und 53,4 % der Männer ab 50 Jahren an, eine Koloskopie in den letzten zehn Jahren in Anspruch genommen zu haben. Bei beiden Geschlechtern zeigte sich eine höhere Inanspruchnahme im höheren Alter: Während 58,6 % der 60- bis 64-jährigen Frauen eine Koloskopie in den letzten zehn Jahren in Anspruch genommen haben, waren es 49,5 % der 55- bis 59-jährigen Frauen. Bei den Männern betrug der Anteil mit einer in den letzten zehn Jahren in Anspruch genommen Koloskopie 58,2 % bei den 60- bis 64-Jährigen, aber nur bei 35,0 % bei den 50- bis 54-Jährigen. Bei beiden Geschlechtern zeigten sich keine Bildungsunterschiede in der Inanspruchnahme eine Koloskopie in den letzten zehn Jahren. Im Vergleich der Bundesländer lag die Inanspruchnahme einer Koloskopie bei Männern in Thüringen unter dem Bundesdurchschnitt.

Fazit

Mehr als 50 % der anspruchsberechtigten Frauen wie Männer gaben eine Inanspruchnahme einer Koloskopie innerhalb der letzten zehn Jahre an. Die deutliche Zunahme mit dem Alter weist darauf hin, dass diese Untersuchung nicht gleich zu Beginn der Anspruchsberechtigung wahrgenommen wird. Die Untersuchung kann sowohl präventiv zur Früherkennung von Darmkrebs als auch zur Abklärung von Symptomen eingesetzt werden. Der Anlass der Untersuchung wurde aber nicht erfasst, sodass nicht abschließend beurteilt werden kann, wie hoch der Anteil der präventiven Untersuchungen war. Für Deutschland ist in den letzten 15 Jahren ein sinkender Anteil der Darmkrebsinzidenz zu beobachten (RKI 2023), wozu die Früherkennungs- und Abklärungskoloskopien beigetragen haben dürften. Die für das Screening-Programm angestrebte systematische Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Darmkrebsfrüherkennung lässt eine genauere Abschätzung des Effekts der Früherkennungskoloskopie auf die Darmkrebsinzidenz und -mortalität erwarten.

Methodik und Datenquellen

Definition

Der Indikator Darmkrebsfrüherkennung ist definiert als der Anteil der Männer ab 50 Jahren und der Frauen ab 55 Jahren, die angeben, in den letzten zehn Jahren eine Koloskopie in Anspruch genommen zu haben.

Operationalisierung

Die Erfassung der Inanspruchnahme von Koloskopien basiert auf Selbstangaben der Befragten:

GEDA 2019/2020-EHIS:

  • „Wann wurde bei Ihnen zuletzt eine Darmspiegelung bzw. Koloskopie durchgeführt?“
  • Antwortmöglichkeiten: „Innerhalb der letzten 12 Monate“, „Vor 1 bis weniger als 5 Jahren“, „Vor 5 bis weniger als 10 Jahren“, „Vor 10 Jahren oder mehr“, „Nie“
  • Ausgewiesen wird die Inanspruchnahme der letzten Koloskopie innerhalb der letzten 10 Jahre für Frauen ab 55 Jahren und für Männer ab 50 Jahren.

Bezugspopulation

Deutschsprachige Wohnbevölkerung in Privathaushalten ab 55 Jahren bei Frauen beziehungsweise 50 Jahren bei Männern in Deutschland.

Datenquelle und Fallzahl

Die Ergebnisse basieren auf folgendem bundesweiten Befragungssurvey des Robert Koch-Instituts:

  • GEDA 2019/2020-EHIS:
    • telefonische Befragungen mit Festnetz und Mobilfunk, N = 23.001
    • gültige Werte für den Indikator: n = 13.945 Frauen ab 55 Jahren und Männer ab 50 Jahren

Datenqualität

Die RKI-Befragungssurveys liefern repräsentative Ergebnisse für die deutschsprachige Wohnbevölkerung Deutschlands ab 18 Jahren. Wie bei allen bevölkerungsbezogenen Studien ist davon auszugehen, dass einige Personengruppen unterrepräsentiert sind, wie Personen der niedrigen Bildungsgruppe, Menschen mit Migrationsgeschichte oder Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen. Darüber hinaus basieren alle Informationen auf Selbstangaben und nicht auf ärztlichen Interviews.

Weiterführende Links

Berechnung

  • Beschreibung und Stratifizierung: Für den Indikator werden die Kennzahlen für Gesamt sowie nach Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung ausgewiesen. In den GEDA-Wellen 2009 bis 2014/2015-EHIS wurden die Teilnehmenden gefragt, ob sie männlich oder weiblich sind. Seit GEDA 2019/2020-EHIS werden das Geburtsgeschlecht und die geschlechtliche Identität erhoben (Pöge et al. 2022). In den Analysen nach Geschlecht werden Personen ausgewiesen, die sich als weiblich oder männlich identifizieren. Genderdiverse Menschen, die sich diesen Kategorien nicht zuordnen, werden aufgrund der geringen Fallzahl nicht gesondert ausgewiesen, sind jedoch in der Gesamt-Kategorie enthalten. Die Darstellung nach Bundesland basiert auf dem Wohnort der Befragten. Der Bildungsstatus wird anhand des CASMIN-Indexes bestimmt (Brauns et al. 2003). Dieser verwendet Angaben zu schulischer und beruflicher Bildung und ermöglicht die Einteilung in eine niedrige, mittlere und hohe Bildungsgruppe.
  • Umgang mit unsicheren Werten: Voraussetzung für die stratifizierte Darstellung eines Indikators ist, dass die Fallzahl in der Gruppe mindestens 5 beträgt und die statistische Unsicherheit in der Schätzung der Kennziffer als akzeptabel angesehen wird (Konfidenzintervall schmaler als 25 Prozentpunkte und Variationskoeffizient ≤ 33,5 %). Letzteres bedeutet, dass die untere Grenze des Konfidenzintervalls mindestens die Hälfte des Schätzers betragen muss. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, werden die Werte nicht berichtet („zu wenige Daten“). Berichtet, jedoch als unsicher markiert, werden Werte, die auf weniger als 10 Fällen basieren, deren Konfidenzintervall breiter als 20 Prozentpunkte ist oder wenn die Untergrenze weniger als ⅔ des Schätzers beträgt (Variationskoeffizient ≤ 16,6 %). Aufgrund der Unsicherheit sollten diese Werte mit Vorsicht interpretiert werden.
  • Gewichtung: Um Abweichungen der Surveys von der zugrundeliegenden Bezugspopulation durch unterschiedliche Teilnahmebereitschaft oder Auswahlwahrscheinlichkeit zu korrigieren, wurde für die Berechnung des Indikators in jedem Survey ein Gewichtungsfaktor verwendet. Diese berücksichtigen die Ziehungswahrscheinlichkeit der Teilnehmenden und passen außerdem die Surveys an die Bevölkerungsstruktur Deutschlands hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung an. In GEDA 2019/2020-EHIS wurde zusätzlich die regionale Siedlungsstruktur (Kreistyp) berücksichtigt. Dabei wurden die Daten des Statistischen Bundesamts zum Stichtag 31.12.2019 (GEDA 2019/2020-EHIS) verwendet. Die Bildungsverteilung wurde dem Mikrozensus 2017 entnommen.
  • Altersstandardisierung: Eine Standardisierung nach Alter und Geschlecht wurde innerhalb der Bundesländer sowie innerhalb der Bildungsgruppen durchgeführt. Dazu wurde die europäische Standardbevölkerung 2013 verwendet. Es werden sowohl die Ergebnisse mit als auch die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung ausgewiesen. Die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung bilden die tatsächliche Alters- und Geschlechtsverteilung innerhalb der Bundesländer bzw. Bildungsgruppen ab und sind damit zum Beispiel geeignet, um Fragen des Versorgungsbedarfs zu beantworten. Bei den Ergebnissen mit Altersstandardisierung sind die Bundesländer und die Bildungsgruppen hinsichtlich Alter und Geschlecht vergleichbar. Dadurch können Unterschiede aufgezeigt werden, die sich nicht durch Alter und Geschlecht erklären lassen.
  • Berechnung:
    • Konfidenzintervalle: Die zufallsbedingte Variabilität der Ergebnisse kann den 95 %-Konfidenzintervallen in den Tabellen und Abbildungen entnommen werden. Die Konfidenzintervalle wurden mit der Logit-Methode berechnet. Dabei wurde die Streuung der Gewichtungsfaktoren berücksichtigt.
    • Regionale Unterschiede: Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Bundesländern und dem Bundesdurchschnitt wurden mittels Chi-Quadrat-Test unter Adjustierung für multiples Testen ermittelt. Dabei wurden die einzelnen Bundesländer im Vergleich zu den jeweils verbleibenden Bundesländern (zusammengefasst) getestet. Die Einteilung in der Karte erfolgt anhand von fünf äquidistanten Kategorien.  

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