Diabetesbedingte Amputationen (ab 15 Jahre) (Qualität der Versorgung)

Diabetes kann im Krankheitsverlauf zu Durchblutungsstörungen und Nervenschädigungen an den Extremitäten führen. Bei nicht rechtzeitiger oder nicht adäquater Versorgung beispielsweise eines diabetischen Fußsyndroms kann die Amputation unterer Extremitäten notwendig werden. Der Indikator Diabetesbedingte Amputationen ist Teil des von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichten Berichts Health at a Glance (OECD 2023), welcher alle zwei Jahre erscheint und diabetesbedingte Major-Amputationen (Amputationen oberhalb des Knöchels) betrachtet. Amputationen führen zu einer starken Einschränkung der gesundheitlichen Lebensqualität und hohen Kosten für das Gesundheitssystem (Pscherer et al. 2012). Zudem sind sie ein Indikator für die Versorgungsqualität von Diabetes.

Schon gewusst?

(Qualität der Versorgung)

16,2 diabetesbedingte Amputationen pro 100.000 Personen waren im Jahr 2022 bei Männern zu verzeichnen; damit stieg die Rate im Vergleich zum Vorjahr an.

(Qualität der Versorgung)

7.786 diabetesbedingte Amputationsfälle oberhalb des Knöchels gab es im Jahr 2022.

(Qualität der Versorgung)

Die Rate von Amputationen lag in Regionen mit hoher sozioökonomischer Deprivation höher als in Regionen mit niedriger Deprivation.

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Ergebnis

Im Jahr 2022 waren in Deutschland 7.786 Fälle von diabetesbedingten Major-Amputationen dokumentiert (Männer: 5.702; Frauen: 2.084). Die Rate von Amputationen pro 100.000 Personen war bei Männern deutlich höher (16,2) als bei Frauen (5,7). Mit zunehmendem Alter stieg die Rate der diabetesbedingten Major-Amputationen deutlich an. Die Bundesländer Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt zeigten im Jahr 2022 mit Werten von 8,4, 9,0 und 12,2 für Frauen sowie 29,4, 34,5 und 32,6 für Männer deutlich höhere Amputationsraten bei Diabetes pro 100.000 Personen als im Bundesdurchschnitt. Sowohl bei Frauen als auch bei Männern waren die Raten in Regionen mit hoher sozioökonomischer Deprivation deutlich höher (Frauen: 8,4; Männer: 24,0) als in Regionen mit niedriger Deprivation (Frauen: 3,8; Männer: 12,3).

Zwischen 2015 und 2019 nahmen die Major-Amputationsraten bei Diabetes pro 100.000 Personen von 11,3 auf 10,6 stetig ab. Im Jahr 2020 stagnierte die Rate und  blieb in den Jahren 2021 (10,8) und 2022 (10,8) auf diesem Niveau. Während bei Frauen die Rate im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr auf 5,7 pro 100.000 Personen sank (6,0 im Jahr 2021), stieg diese bei Männern auf 16,2 pro 100.000 Personen an (15,8 im Jahr 2021).

Fazit

Von 2015 bis 2019 nahmen die diabetesbedingten Major-Amputationen stetig ab. Während sich bei Frauen dieser Trend mit Ausnahme des Jahres 2021 fortsetzte, stieg bei Männern im Zeitraum 2020 bis 2022 die Rate der Amputationen kontinuierlich an. Eine Analyse mit Daten der Gesetzlichen Krankenversicherung bestätigt für das Jahr 2020, dass die Amputationsraten für Personen mit Diabetes nicht mehr zurückgehen (Narres et al. 2022). Die regionalen Unterschiede in den Raten bei beiden Geschlechtern korrelieren mit den Diabetesprävalenzen. Auch Regionen mit hoher sozioökonomischer Deprivation sind mit einer höheren Diabetesprävalenz assoziiert (Grundmann et al. 2014), was zu den höheren Raten von diabetesbedingten Amputationen in diesen Regionen beiträgt.

Methodik und Datenquellen

Definition

Der Indikator Diabetesbedingte Amputationen ist definiert als Anzahl an Amputationen oberhalb des Sprunggelenks (OPS: 5‑864/5‑865.0) bei Personen ab 15 Jahren mit Haupt- oder Nebendiagnose (E10.-/ E11.-/ E13.-/ E14.-) bezogen auf 100.000 Personen ab 15 Jahren.

Bezugspopulation

Wohnbevölkerung Deutschlands ab 15 Jahren.

Datenquelle

Fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik des Statistischen Bundesamts (Destatis 2023), die alle etwa 19 Millionen stationär behandelten Fälle pro Jahr in Deutschland einschließt.

Datenqualität

Die fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) beinhaltet Informationen über alle Krankenhausaufenthalte in Deutschland. Sie umfasst unter anderem Haupt- und Nebendiagnosen, Operationen und Prozeduren sowie Informationen zu Alter, Geschlecht und Wohnort der Patientinnen und Patienten. Die Daten werden auf Fallbasis dokumentiert, sodass wiederholte Krankenhausaufenthalte einer Person als mehrere Fälle gewertet werden. Die Datenqualität hängt von der Kodierpraxis und weiteren Dokumentationseffekten ab.

Weiterführende Links

Berechnung

  • Beschreibung: Anzahl der Major-Amputationsfälle (OPS-Codes 5 – 864/5 – 865.0) bezogen auf 100.000 Personen. Es wurden Verlegungen aus einer Rehabilitationseinrichtung oder einem anderen Akutkrankenhaus, Sterbefälle während des Aufenthalts, Entlassungen innerhalb von 24 Stunden, Tumorerkrankungsfälle von Knochen der unteren Extremität (ICD-Code: C40.2/C40.3), Fälle mit traumatischen Amputationen der unteren Extremität (ICD-Code: S78.-/S88.-/S98.-/T05.3 – 5/T13.6 ) oder Fälle im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft oder Geburt ausgeschlossen.
  • Stratifizierung: Die Darstellung nach Bundesland basiert auf dem Wohnort. Die Stratifizierung nach regionaler sozioökonomischer Deprivation erfolgt auf Grundlage des German Index of Socioeconomic Deprivation (GISD) (Jahre 2019 – 2020: GISD Release 2020, Jahre 2021 – 2022: GISD Release 2022 v0.2) (Michalski et al. 2022). Der GISD fasst Merkmale der Erwerbs-, Bildungs- und Einkommenssituation für jeden Kreis und jede kreisfreie Stadt in einer Kennzahl zusammen. Die Kreise werden entlang ihrer GISD-Werte in Quintile von niedriger bis hoher sozioökonomischer Deprivation eingeteilt, die über den Wohnort der Person mit der Krankenhausstatistik verknüpft werden. Die Berechnung der Amputationsraten erfolgt stratifiziert nach niedriger (1. Quintil), mittlerer (2. – 4. Quintil) und hoher (5. Quintil) Deprivation. Unterschiede in den Amputationsraten nach sozioökonomischer Deprivation beziehen sich auf die räumliche Ebene.
  • Altersstandardisierung Mit der europäischen Standardbevölkerung 2013 als Bezugspopulation erfolgte eine Altersstandardisierung unter Verwendung von 5-Jahres-Altersgruppen beginnend bei 15 – 19 Jahre bis 80 – 84 Jahre sowie ≥ 85 Jahre.

Publikationen zum Thema

Diabetesbedingte Amputationen in Deutschland im Trend 2015 – 2022 und nach sozialräumlicher Lage

23.04.2024, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Hintergrund: Diabetesbedingte Amputationen reduzieren die gesundheitliche Lebensqualität und sind Indikator für die Versorgung von Diabetes.

Methode: Mit der fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik wurden für die Jahre 2015 – 2022 bevölkerungsbezogene altersstandardisierte Raten für diabetesbedingte Major- und Minoramputationsfälle berechnet und für 2022 nach regionaler sozioökonomischer …

Sekundärdaten in der Diabetes-Surveillance – Kooperationsprojekte und Referenzdefinition zur administrativen Diabetesprävalenz

19.06.2019, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Neben den Gesundheitssurveys des Robert Koch-Instituts ist die zusätzliche Verwendung von Ergebnissen aus Sekundärdatenanalysen für die Zielsetzung einer wiederkehrenden und umfassenden Beschreibung des Diabetesgeschehens im Rahmen der Diabetes-Surveillance am Robert Koch-Institut unerlässlich. Die wesentlichen Gründe hierfür liegen im großen Stichprobenumfang und der routinemäßigen Erfassung der …