Diabetes mellitus: Prävalenz (ab 18 Jahre) (Diabetes mellitus)

Diabetes mellitus bezeichnet eine Gruppe chronischer Stoffwechselerkrankungen, die durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel gekennzeichnet sind. Über 90 % der Personen mit Diabetes sind von einem Typ-2-Diabetes betroffen, der meist mit einem ungünstigen Lebensstil in Zusammenhang steht und sich vorwiegend im mittleren oder höheren Erwachsenenalter manifestiert. Der Typ-1-Diabetes stellt eine Autoimmunerkrankung dar und entwickelt sich meist bereits im Kindes- beziehungsweise Jugendalter. Der Gestationsdiabetes tritt erstmals in der Schwangerschaft auf und bildet sich danach in der Regel wieder zurück (Pleus et al. 2023), ist jedoch mit weiteren Risiken für Mutter und Kind verbunden. Die gesundheitspolitische Relevanz des Diabetes ergibt sich aus seiner weltweit zunehmenden Verbreitung und den gesundheitlichen Folgen. Insbesondere ein unerkannter oder unzureichend behandelter Diabetes erhöht das Risiko für Begleit- und Folgeerkrankungen, vermindert die Lebensqualität und verringert die Lebenserwartung (van Dieren et al. 2010).

Schon gewusst?

(Diabetes mellitus)

10,2 % der Erwachsenen berichteten im Jahr 2022 einen ärztlich diagnostizierten Diabetes.

(Diabetes mellitus)

Die Prävalenz des bekannten Diabetes hat im Zeitverlauf von 2003 bis 2022 um etwa 4 Prozentpunkte zugenommen.

(Diabetes mellitus)

Ein bekannter Diabetes lag in der niedrigen Bildungsgruppe mehr als doppelt so häufig vor wie in der mittleren und der hohen Bildungsgruppe.

Visualisierung

Darstellung
Geschlecht

Zeitverlauf

NachRegion

NachAlter

NachGechlecht

NachBildung

Ergebnis

Im Jahr 2022 berichteten in Deutschland 10,2 % der Erwachsenen einen ärztlich diagnostizierten Diabetes mellitus (ausschließlich eines Gestationsdiabetes). Die Prävalenz des bekannten Diabetes war bei Männern (11,1 %) höher als bei Frauen (9,2 %). Die Prävalenz nahm von 2,7 % bei 18- bis 44-Jährigen und 10,7 % bei 45- bis 64-Jährigen bis auf 20,6 % bei 65- bis 79-Jährigen zu und stagnierte in der Altersgruppe ab 80 Jahren mit 20,4 % auf hohem Niveau. Personen der niedrigen Bildungsgruppe (18,3 %) waren häufiger von einem bekannten Diabetes betroffen als Personen der mittleren (7,7 %) und der hohen Bildungsgruppe (5,0 %). In den Jahren zwischen 2003 und 2022 ist die Prävalenz des bekannten Diabetes von 5,8 % auf 10,2 % angestiegen. Altersstandardisiert fiel der Anstieg etwas geringer aus (2003: 6,0 %; 2022: 9,7 %).

Fazit

Die Zunahme des bekannten Diabetes ist einerseits durch die demografische Alterung der Bevölkerung und andererseits durch weitere potenzielle Einflussfaktoren wie veränderte Diagnosekriterien und eine verbesserte Versorgung des diagnostizierten Diabetes, die zu einer verminderten vorzeitigen Sterblichkeit führen kann, bedingt. Eine beobachtete Abnahme des unerkannten Diabetes zwischen 1998 und 2010 deutet zudem auf eine verbesserte Früherkennung des Diabetes hin (Heidemann et al. 2016). Aktuelle Daten zum unerkannten Diabetes fehlen jedoch und erfordern die Durchführung bevölkerungsrepräsentativer Untersuchungssurveys. Analysen von Abrechnungsdaten liefern Schätzungen zur Prävalenz des diagnostizierten Diabetes in einer ähnlichen Größenordnung, wobei geringe Unterschiede zu den vorliegenden Ergebnissen auf Unterschiede hinsichtlich Altersspektrum, Diabetesdefinition und Bezugspopulation zurückgehen (Zi 2024, WIdO 2024). Die im Zeitverlauf gestiegene Prävalenz des bekannten Diabetes sowie die fortbestehenden bildungsbezogenen Unterschiede unterstreichen die Notwendigkeit einer Präventionsstrategie.

Methodik und Datenquellen

Definition

Der Indikator Diabetes mellitus: Prävalenz ist definiert als der Anteil der Erwachsenen mit einem jemals ärztlich diagnostizierten Diabetes. Ausgenommen sind Frauen, bei denen ausschließlich die Diagnose eines Schwangerschaftsdiabetes angenommen werden kann.

Operationalisierung

Die Erfassung des Diabetes basiert auf Selbstangaben der Befragten:

  • GSTel03, GSTel06, GEDA 2010 und GEDA 2012:
    • „Wurde bei Ihnen jemals von einem Arzt eine Zuckerkrankheit oder Diabetes festgestellt?“
    • Antwortmöglichkeiten: „Ja“, „Nein“
  • GEDA 2022:
    • „Hat ein Arzt oder eine Ärztin jemals eine Zuckerkrankheit oder einen Diabetes bei Ihnen festgestellt?“
    • Antwortmöglichkeiten: „Ja“, „Nein“

Die Erfassung eines ausschließlichen Schwangerschaftsdiabetes basiert auf Selbstangaben der Befragten:

  • GSTel03 und GSTel06
    • Wurde die obere Frage zum Vorliegen eines Diabetes bejaht, wurde bei Frauen gefragt: „War das während einer Schwangerschaft?“
    • Antwortmöglichkeiten: „Ja“, „Nein“
    • Um einen ausschließlichen Schwangerschaftsdiabetes annehmen zu können, wurde anschließend die folgende Frage herangezogen: „Haben Sie auch jetzt Diabetes?“
    • Antwortmöglichkeiten: „Ja“, „Nein“
  • GEDA 2010 und GEDA 2012:
    • Wurde die obere Frage zum Vorliegen eines Diabetes bejaht, wurde bei Frauen gefragt: „War das während einer Schwangerschaft?“
    • Antwortmöglichkeiten: „Ja“, „Nein“
    • Um einen ausschließlichen Schwangerschaftsdiabetes annehmen zu können, wurde anschließend die folgende Frage herangezogen: „Bestand die Zuckerkrankheit bei Ihnen auch in den letzten 12 Monaten?“
    • Antwortmöglichkeiten: „Ja“, „Nein“
  • GEDA 2022:
    • Wurde die obere Frage zum Vorliegen eines Diabetes bejaht, wurde bei Frauen gefragt: „Waren Sie zum Zeitpunkt der Diagnose schwanger?“
    • Antwortmöglichkeiten: „Ja“, „Nein“
    • Um einen ausschließlichen Schwangerschaftsdiabetes annehmen zu können, wurde anschließend die folgende Frage herangezogen: „Bestand der Diabetes auch in den letzten 12 Monaten?“
    • Antwortmöglichkeiten: „Ja“, „Nein“

Bezugspopulation

Deutschsprachige Wohnbevölkerung in Privathaushalten ab 18 Jahren in Deutschland.

Datenquelle

Die Ergebnisse basieren auf folgenden bundesweiten Befragungssurveys des Robert Koch-Instituts

  • GSTel03:
    • telefonische Befragungen mit Festnetz, N = 8.318
    • gültige Werte für den Indikator: n = 8.283
  • GSTel06:
    • telefonische Befragungen mit Festnetz, N = 5.542
    • gültige Werte für den Indikator: n = 5.513
  • GEDA 2010:
    • telefonische Befragungen mit Festnetz, N = 22.050
    • gültige Werte für den Indikator: n = 21.918
  • GEDA 2012:
    • telefonische Befragungen mit Festnetz, N = 19.294
    • gültige Werte für den Indikator: n = 19.210
  • GEDA 2022:
    • telefonische Befragungen mit Festnetz und Mobilfunk, Erhebung unterteilt in Welle 1 bis 10 mit einem Basismodul und bis zu vier Fragebogenmodulen, N = 33.149 (relevante Teilstichprobe aus Welle 1 bis 3, Basismodul und Welle 4 bis 10, Modul 2: n = 15.763)
    • gültige Werte für den Indikator aus Welle 1 bis 3, Basismodul und Welle 4 bis 10, Modul 2: n = 15.670

Datenqualität

Die RKI-Befragungssurveys liefern repräsentative Ergebnisse für die deutschsprachige Wohnbevölkerung Deutschlands ab 18 Jahren in Privathaushalten. Wie bei allen bevölkerungsbezogenen Studien ist davon auszugehen, dass einige Personengruppen unterrepräsentiert sind, wie Personen der niedrigen Bildungsgruppe, Menschen mit Migrationsgeschichte oder Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen. Darüber hinaus basieren alle Informationen auf Selbstangaben und nicht auf ärztlichen Interviews.

Berechnung

  • Beschreibung und Stratifizierung: Für den Indikator werden die Kennzahlen für Gesamt sowie nach Geschlecht, Alter, Region und Bildung ausgewiesen. In den Studien GSTel03, GSTel06 sowie den GEDA-Wellen 2009 bis 2014/2015-EHIS wurden die Teilnehmenden gefragt, ob sie männlich oder weiblich sind. Seit GEDA 2019/2020-EHIS werden das Geburtsgeschlecht und die geschlechtliche Identität erhoben (Pöge et al. 2022). In den Analysen nach Geschlecht werden Personen ausgewiesen, die sich als weiblich oder männlich identifizieren. Genderdiverse Menschen, die sich diesen Kategorien nicht zuordnen, werden aufgrund der geringen Fallzahl nicht gesondert ausgewiesen, sind jedoch in der Gesamt-Kategorie enthalten. Die Darstellung nach Region basiert auf dem Wohnort der Befragten. Der Bildungsstatus wird anhand des CASMIN-Indexes bestimmt (Brauns et al. 2003). Dieser verwendet Angaben zu schulischer und beruflicher Bildung und ermöglicht die Einteilung in eine niedrige, mittlere und hohe Bildungsgruppe.
  • Umgang mit unsicheren Werten: Voraussetzung für die stratifizierte Darstellung eines Indikators ist, dass die Fallzahl in der Gruppe mindestens 5 beträgt und die statistische Unsicherheit in der Schätzung der Kennziffer als akzeptabel angesehen wird (Konfidenzintervall schmaler als 25 Prozentpunkte und Variationskoeffizient ≤ 33,5 %). Letzteres bedeutet, dass die untere Grenze des Konfidenzintervalls mindestens die Hälfte des Schätzers betragen muss. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, werden die Werte nicht berichtet („zu wenige Daten“). Berichtet, jedoch als unsicher markiert, werden Werte, die auf weniger als 10 Fällen basieren, deren Konfidenzintervall breiter als 20 Prozentpunkte ist oder wenn die Untergrenze weniger als ⅔ des Schätzers beträgt (Variationskoeffizient ≤ 16,6 %). Aufgrund der Unsicherheit sollten diese Werte mit Vorsicht interpretiert werden.
  • Gewichtung: Um Abweichungen der Surveys von der zugrundeliegenden Bezugspopulation durch unterschiedliche Teilnahmebereitschaft oder Auswahlwahrscheinlichkeit zu korrigieren, wurde für die Berechnung des Indikators in jedem Survey ein Gewichtungsfaktor verwendet. Diese berücksichtigen die Ziehungswahrscheinlichkeit der Teilnehmenden und passen außerdem die Surveys an die Bevölkerungsstruktur Deutschlands hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung an. Dabei werden die Daten des Statistischen Bundesamts zum Stichtag 31.12.2008 (GEDA 2010), 31.12.2011 (GEDA 2012) und 31.12.2021 (GEDA 2022) verwendet. Die Bildungsverteilung wurde dem Mikrozensus 2008 (GEDA 2010), 2011 (GEDA 2012) und 2018 (GEDA 2022) entnommen. Beim GSTel03 wurde die Stichprobe an die Bevölkerung innerhalb der Regionen (Nord, NRW, Mitte, Ost, Bayern und Baden-Württemberg), beim GSTel06 innerhalb der Bundesländer nach Altersgruppen und Geschlecht angepasst (Stichtag GSTel03: 31.12.2001, GSTel06: 31.12.2004).
  • Altersstandardisierung: Eine Standardisierung nach Alter und Geschlecht wurde innerhalb der Bundesländer sowie innerhalb der Bildungsgruppen durchgeführt. Dazu wurde die europäische Standardbevölkerung 2013 verwendet. Es werden sowohl die Ergebnisse mit als auch die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung ausgewiesen. Die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung bilden die tatsächliche Alters- und Geschlechtsverteilung innerhalb der Bundesländer bzw. Bildungsgruppen ab und sind damit zum Beispiel geeignet, um Fragen des Versorgungsbedarfs zu beantworten. Bei den Ergebnissen mit Altersstandardisierung sind die Bundesländer und die Bildungsgruppen hinsichtlich Alter und Geschlecht vergleichbar. Dadurch können Unterschiede aufgezeigt werden, die sich nicht durch Alter und Geschlecht erklären lassen.
  • Berechnung:
    • Konfidenzintervalle: Die zufallsbedingte Variabilität der Ergebnisse kann den 95 %-Konfidenzintervallen in den Tabellen und Abbildungen entnommen werden. Die Konfidenzintervalle wurden mit der Logit-Methode berechnet. Dabei wurde die Streuung der Gewichtungsfaktoren berücksichtigt.
    • Regionale Unterschiede: Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Regionen und dem Bundesdurchschnitt wurden mittels Chi-Quadrat-Test unter Adjustierung für multiples Testen ermittelt. Dabei wurden die einzelnen Regionen im Vergleich zu den jeweils verbleibenden Regionen (zusammengefasst) getestet. Die Einteilung in der Karte erfolgt anhand von fünf äquidistanten Kategorien.  

Weiterführende Links

Aktuelle Publikationen

Gesundheitliche Lage von Erwachsenen in Deutschland

25.09.2021, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Dieser Beitrag betrachtet auf Basis der bundesweiten Befragungsstudie Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA 2019/2020-EHIS), die zwischen April 2019 und September 2020 durchgeführt wurde, ausgewählte Indikatoren der gesundheitlichen Lage der erwachsenen Bevölkerung ab 18 Jahren (n = 22.708). Dazu zählen Indikatoren zum selbsteingeschätzten Gesundheitszustand, zur depressiven Symptomatik sowie zu …

Soziale Ungleichheit und Diabetes mellitus – zeitliche Entwicklung bei Erwachsenen in Deutschland

19.06.2019, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Ein Zusammenhang von sozialer Benachteiligung mit dem Vorliegen eines bekannten Diabetes und einzelner Risikofaktoren ist gut belegt. Der Artikel fasst Ergebnisse der Untersuchungssurveys des Robert Koch-Instituts der Zeiträume 1997 bis 1999 und 2008 bis 2011 zusammen, um die soziale Ungleichheit – operationalisiert über den Bildungsstatus – hinsichtlich der Prävalenzen des bekannten und …

Prävalenz, Inzidenz und Mortalität von Diabetes mellitus bei Erwachsenen in Deutschland

13.09.2017, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Eine kontinuierliche Erfassung der wichtigsten epidemiologischen Kennzahlen des Diabetes zur Einordnung in den Public-Health-Kontext existiert für Deutschland derzeit nicht. Basierend auf einer umfassenden Literaturrecherche werden für die letzten Jahrzehnte verfügbare bevölkerungsbezogene Angaben zur Häufigkeit des Vorliegens (Prävalenz), Häufigkeit von Neuerkrankungen (Inzidenz) und …

Temporal changes in the prevalence of diagnosed diabetes, undiagnosed diabetes and prediabetes:

16.10.2015, Fachartikel, English

Aims: Nationally representative data on temporal changes in the prevalence of diagnosed diabetes, as well as undiagnosed diabetes and prediabetes, have been lacking in Germany as in most other European countries. We aimed to fill this gap using data from nationwide examination surveys of German adults.

Methods: The study population comprised 18–79-year-old participants from the German Health …

Prevalence of known diabetes in German adults aged 25–69 years: results from national health surveys over 15 years

01.06.2009, Fachartikel, English

Aims: The few studies examining the secular trend in diabetes prevalence in Germany have yielded conflicting results. Therefore, using nationally representative samples of adults, we investigated whether the prevalence of known diabetes has changed over 15 years.

Methods: Study participants were 25- to 69-year-old residents participating in nationally representative health surveys performed in …