Körperliche Einschränkungen (ab 18 Jahre) (Funktionseinschränkungen)

Körperliche Einschränkungen können generell verschiedene Funktionen wie das Sehen, Hören, Kauen und Beißen oder auch den Bewegungsapparat betreffen. In der Darstellung wird hier ausschließlich auf die Mobilität fokussiert, da es in der „UN Decade of Healthy Ageing“ ein wichtiges Konzept darstellt. Mobilität, also die Fähigkeit, sich in der Umgebung fortzubewegen, spielt eine wichtige Rolle bei der Durchführung von Alltagsaktivitäten, für die selbständige Lebensführung und die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen (Freiberger et al. 2020). Einschränkungen in der körperlichen Mobilität gehen häufig mit zunehmendem Alter und chronischen Erkrankungen einher und tragen dazu bei, dass Menschen bei der Ausführung grundlegender Aktivitäten Hilfe benötigen, die in schwerwiegenden Fällen vorwiegend in Pflegeheimen erbracht werden kann. Mobilitätseinschränkungen gelten als Risikofaktor für Stürze, eingeschränkte psychische Gesundheit, Abnahme der Funktionsfähigkeit oder Schwierigkeiten beim Zugang zu medizinischer Versorgung (Musich et al. 2018).

Schon gewusst?

(Funktionseinschränkungen)

7,5 % der Erwachsenen waren im Jahr 2019 von einer Mobilitätseinschränkung betroffen.

(Funktionseinschränkungen)

1 von 3 Nahezu jede dritte Person ab 80 Jahren war beim Laufen oder Treppensteigen eingeschränkt.

(Funktionseinschränkungen)

Personen der niedrigen Bildungsgruppe berichteten sechsmal häufiger Mobilitätseinschränkungen als Personen der hohen Bildungsgruppe.

Visualisierung

Darstellung
Geschlecht

Zeitverlauf

NachRegion

NachAlter

NachGechlecht

NachBildung

Ergebnis

Im Jahr 2019 berichteten in Deutschland 7,5 % der Erwachsenen, dass sie beim Gehen oder Treppensteigen große Schwierigkeiten haben oder das gar nicht mehr können. Frauen waren mit 9,0 % häufiger davon betroffen als Männer (5,8 %). Im Lebensverlauf stieg der Anteil der Personen mit Mobilitäteinschränkungen deutlich an und war bei Personen unter 45 Jahren sehr gering, bei Personen ab 80 Jahren sehr hoch (31,3 %). Darüber hinaus zeigten sich Unterschiede nach Bildung: Personen der niedrigen Bildungsgruppe waren mit 15,0 % deutlich häufiger von Mobilitätseinschränkungen betroffen als Personen der mittleren (4,8 %) und der hohen Bildungsgruppe (2,5 %). Beim Vergleich der Bundesländer lag der Anteil in Baden-Württemberg (4,6 %) unter und in Thüringen (13,0 %) über dem Bundesdurchschnitt. Nach Berücksichtigung der Altersstruktur blieb nur der Unterschied für Baden-Württemberg bestehen. Seit 2014 ist die Prävalenz der Mobilitätseinschränkungen um 2,6 % bedeutsam angestiegen.

Fazit

Die Prävalenz von Mobilitätseinschränkungen hat in Deutschland unter Erwachsenen zugenommen und ist nur teilweise durch die Alterung der Gesellschaft erklärbar. Dabei spielen auch Erkrankungen, Übergewicht und reduzierte körperliche Aktivität eine Rolle (Iezzoni et al. 2001). Personen ab 80 Jahren und der niedrigen Bildungsgruppe waren besonders von Einschränkungen der Mobilität betroffen. Maßnahmen zur Reduktion der gesundheitlichen Ungleichheit nach Bildung erscheinen über die gesamte Lebensspanne dringend erforderlich. Darüber hinaus sind Maßnahmen und Angebote für mobilitätseingeschränkte Menschen wichtig, die ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Häuslichkeit und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Dazu zählen zum Beispiel Physiotherapie zur Stärkung der Mobilität, Steigerung der körperlichen Aktivität und zur Vermeidung von Übergewicht, die Bereitstellung geeigneter Hilfsmittel und weiterer Unterstützungsangebote sowie Barrierefreiheit im weiteren Wohnumfeld.

Methodik und Datenquellen

Definition

Der Indikator Körperliche Einschränkungen ist definiert als der Anteil der Erwachsenen mit großen Schwierigkeiten beim Laufen oder Treppensteigen oder der Unfähigkeit dies zu tun.

Operationalisierung

Die Erfassung zum Gehen und Treppensteigen basiert auf Selbstangaben der Befragten:

GEDA 2014/2015-EHIS

  • „Haben Sie Schwierigkeiten einen halben Kilometer (500 Meter) auf ebenem Gelände ohne Gehhilfe zu gehen? Das entspricht etwa der Länge von fünf Fußballfeldern.“
  • „Haben Sie Schwierigkeiten eine Treppe mit 12 Stufen hinauf- oder hinabzusteigen?“
  • Antwortmöglichkeiten jeweils: „keine Schwierigkeiten“, „einige Schwierigkeiten“, „große Schwierigkeiten“, „Es ist mir nicht möglich/Ich bin dazu nicht in der Lage“

GEDA 2019/2020-EHIS

  • „Haben Sie Schwierigkeiten einen halben Kilometer, also 500 Meter auf ebenem Gelände ohne Gehhilfe zu gehen?“
  • „Haben Sie Schwierigkeiten eine Treppe mit 12 Stufen hinauf- oder hinabzusteigen?“
  • Antwortmöglichkeiten jeweils: „keine“, „einige“, „große Schwierigkeiten“, „Es ist mir nicht möglich“

Eine Mobilitätseinschränkung besteht, wenn bei mindestens einer der beiden Mobilitätsformen große Schwierigkeiten bestehen oder sie gar nicht möglich ist.

Bezugspopulation

Deutschsprachige Wohnbevölkerung in Privathaushalten ab 18 Jahren in Deutschland.

Datenquelle und Fallzahl

Die Ergebnisse basieren auf folgenden bundesweiten Befragungssurveys des Robert Koch-Instituts:

  • GEDA 2014/2015-EHIS:
    • webbasierte und schriftliche Befragungen auf der Basis einer Einwohnermeldeamtsstichprobe, N = 24.016
    • gültige Werte für den Indikator: n = 23.899
  • GEDA 2019/2020-EHIS:
    • telefonische Befragungen mit Festnetz und Mobilfunk, N = 23.001
    • gültige Werte für den Indikator: n = 22.706

Datenqualität

Die RKI-Befragungssurveys liefern repräsentative Ergebnisse für die deutschsprachige Wohnbevölkerung Deutschlands ab 18 Jahren in Privathaushalten. Wie bei allen bevölkerungsbezogenen Studien ist davon auszugehen, dass einige Personengruppen unterrepräsentiert sind, wie Personen der niedrigen Bildungsgruppe, Menschen mit Migrationsgeschichte und Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen, oder dass sie von der Teilnahme ausgeschlossen wurden, zum Beispiel Personen mit eingeschränkter Auskunfts- und Einwilligungsfähigkeit oder Menschen in Pflegeheimen. Dadurch könnte die tatsächliche Verbreitung körperlicher Einschränkungen in Deutschland höher liegen.

Darüber hinaus basieren alle Informationen auf Selbstangaben und nicht auf ärztlichen Interviews. Zeitvergleiche der Ergebnisse zwischen GEDA 2014/2015-EHIS und den anderen GEDA-Wellen sollten aufgrund von Unterschieden in der Stichprobenziehung sowie Unterschieden im Erhebungsmodus vorsichtig interpretiert werden.

Berechnung

  • Beschreibung und Stratifizierung: Für den Indikator werden die Kennzahlen für Gesamt sowie nach Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung ausgewiesen. In den GEDA-Wellen 2009 bis 2014/2015-EHIS wurden die Teilnehmenden gefragt, ob sie männlich oder weiblich sind. Seit GEDA 2019/2020-EHIS werden das Geburtsgeschlecht und die geschlechtliche Identität erhoben (Pöge et al. 2022). In den Analysen nach Geschlecht werden Personen ausgewiesen, die sich als weiblich oder männlich identifizieren. Genderdiverse Menschen, die sich diesen Kategorien nicht zuordnen, werden aufgrund der geringen Fallzahl nicht gesondert ausgewiesen, sind jedoch in der Gesamt-Kategorie enthalten. Die Darstellung nach Bundesland basiert auf dem Wohnort der Befragten. Der Bildungsstatus wird anhand des CASMIN-Indexes bestimmt (Brauns et al. 2003). Dieser verwendet Angaben zu schulischer und beruflicher Bildung und ermöglicht die Einteilung in eine niedrige, mittlere und hohe Bildungsgruppe.
  • Umgang mit unsicheren Werten: Voraussetzung für die stratifizierte Darstellung eines Indikators ist, dass die Fallzahl in der Gruppe mindestens 5 beträgt und die statistische Unsicherheit in der Schätzung der Kennziffer als akzeptabel angesehen wird (Konfidenzintervall schmaler als 25 Prozentpunkte und Variationskoeffizient ≤ 33,5 %). Letzteres bedeutet, dass die untere Grenze des Konfidenzintervalls mindestens die Hälfte des Schätzers betragen muss. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, werden die Werte nicht berichtet („zu wenige Daten“). Berichtet, jedoch als unsicher markiert, werden Werte, die auf weniger als 10 Fällen basieren, deren Konfidenzintervall breiter als 20 Prozentpunkte ist oder wenn die Untergrenze weniger als ⅔ des Schätzers beträgt (Variationskoeffizient ≤ 16,6 %). Aufgrund der Unsicherheit sollten diese Werte mit Vorsicht interpretiert werden.
  • Gewichtung: Um Abweichungen der Surveys von der zugrundeliegenden Bezugspopulation durch unterschiedliche Teilnahmebereitschaft oder Auswahlwahrscheinlichkeit zu korrigieren, wurde für die Berechnung des Indikators in jedem Survey ein Gewichtungsfaktor verwendet. Diese berücksichtigen die Ziehungswahrscheinlichkeit der Teilnehmenden und passen außerdem die Surveys an die Bevölkerungsstruktur Deutschlands hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bundesland und Bildung an. In GEDA 2019/2020-EHIS wurde zusätzlich die regionale Siedlungsstruktur (Kreistyp) berücksichtigt. Dabei wurden die Daten des Statistischen Bundesamts zum Stichtag 31.12.2014 (GEDA 2014/2015-EHIS) und 31.12.2019 (GEDA 2019/2020-EHIS) 2023) verwendet. Die Bildungsverteilung wurde dem Mikrozensus 2013 (GEDA 2014/2015-EHIS) und 2017 (GEDA 2019/2020-EHIS) entnommen.
  • Altersstandardisierung: Eine Standardisierung nach Alter und Geschlecht wurde innerhalb der Bundesländer sowie innerhalb der Bildungsgruppen durchgeführt. Dazu wurde die europäische Standardbevölkerung 2013 verwendet. Es werden sowohl die Ergebnisse mit als auch die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung ausgewiesen. Die Ergebnisse ohne Altersstandardisierung bilden die tatsächliche Alters- und Geschlechtsverteilung innerhalb der Bundesländer bzw. Bildungsgruppen ab und sind damit zum Beispiel geeignet, um Fragen des Versorgungsbedarfs zu beantworten. Bei den Ergebnissen mit Altersstandardisierung sind die Bundesländer und die Bildungsgruppen hinsichtlich Alter und Geschlecht vergleichbar. Dadurch können Unterschiede aufgezeigt werden, die sich nicht durch Alter und Geschlecht erklären lassen.
  • Berechnung:
    • Konfidenzintervalle: Die zufallsbedingte Variabilität der Ergebnisse kann den 95 %-Konfidenzintervallen in den Tabellen und Abbildungen entnommen werden. Die Konfidenzintervalle wurden mit der Logit-Methode berechnet. Dabei wurde die Streuung der Gewichtungsfaktoren berücksichtigt.
    • Regionale Unterschiede: Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Bundesländern und dem Bundesdurchschnitt wurden mittels Chi-Quadrat-Test unter Adjustierung für multiples Testen ermittelt. Dabei wurden die einzelnen Bundesländer im Vergleich zu den jeweils verbleibenden Bundesländern (zusammengefasst) getestet. Die Einteilung in der Karte erfolgt anhand von fünf äquidistanten Kategorien.  

Weiterführende Links

Publikationen zum Thema

Gesundheitliche Lage älterer und hochaltriger Menschen in Deutschland: Ergebnisse der Studie Gesundheit 65+

20.09.2023, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Hintergrund: Aufgrund des demografischen Wandels ist eine umfassende Gesundheitsberichterstattung zur Gesundheit im höheren Alter wichtig.

Methode: Gesundheit 65+ ist eine epidemiologische Längsschnittstudie zur gesundheitlichen Lage der Personen ab 65 Jahren in Deutschland. Auf Grundlage einer zweistufigen, geschichteten Zufallsstichprobe aus 128 Einwohnermeldeämtern nahmen zwischen Juni 2021 …

Einschränkungen bei Alltagsaktivitäten und Unterstützungsbedarfe – Auswertungen der Studie GEDA 2019/2020-EHIS

30.03.2022, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Die Ausübung von Aktivitäten des täglichen Lebens ist ein wichtiger Bestandteil der Funktionsfähigkeit eines Menschen. Falls Einschränkungen vorliegen, ist Unterstützung bei diesen Tätigkeiten erforderlich. Anhand von Daten der Studie GEDA 2019/2020-EHIS wird dargestellt, wie viele der in Privathaushalten lebenden Personen ab 55 Jahren in Deutschland Einschränkungen in Alltagsaktivitäten aufweisen.