Lebenserwartung (Lebenserwartung und Todesursachen)

Die Lebenserwartung bei Geburt stellt ein wichtiges zusammenfassendes Maß zur Beschreibung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung dar. Der Indikator gibt an, wie viele Lebensjahre ein Neugeborenes durchschnittlich zu erwarten hat, wenn die beobachteten Sterblichkeitsverhältnisse des jeweiligen Jahres über seine gesamte Lebenszeit hinweg konstant blieben. In Deutschland ist die Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten deutlich angestiegen, wobei erhebliche regionale und soziale Unterschiede in Deutschland existieren. So betrug die Differenz der Lebenserwartung zwischen der niedrigsten und höchsten Einkommensgruppe im Zeitraum von 1992 bis 2016 bei Frauen 4,4 Jahre und bei Männern 8,6 Jahre. Im europäischen Vergleich der Lebenserwartungen liegt Deutschland im Mittelfeld, allerdings hinter den meisten west-, nord- und südeuropäischen Ländern (Nowossadeck et al. 2019, Lampert et al. 2019).

Schon gewusst?

(Lebenserwartung und Todesursachen)

4,9 Jahre höher ist die Lebenserwartung von neugeborenen Mädchen im Vergleich zu Jungen im Zeitraum 2020/2022.

(Lebenserwartung und Todesursachen)

3,9 Jahre höher ist die Lebenserwartung von neugeborenen Jungen in Baden-Württemberg im Vergleich zu Sachsen-Anhalt im Zeitraum 2020/2022.

(Lebenserwartung und Todesursachen)

3,5 Jahre beträgt die Differenz in der Lebenserwartung von neugeborenen Jungen zwischen sozioökonomisch hoch und niedrig deprivierten Regionen im Jahr 2021.

Visualisierung

Darstellung
Geschlecht

Zeitverlauf

NachRegion

NachAlter

NachGechlecht

NachBildung

Ergebnis

Im Zeitraum 2020/2022 lag in Deutschland die Lebenserwartung bei 83,2 Jahren für neugeborene Mädchen und bei 78,3 Jahren für neugeborene Jungen. Damit war die Lebenserwartung von Mädchen um 4,9 Jahre höher als die von Jungen, 2002/2004 waren es noch 5,7 Jahre. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern waren bei Jungen stärker ausgeprägt als bei Mädchen. Das Bundesland mit der höchsten Lebenserwartung war Baden-Württemberg (Mädchen: 84,1 Jahre; Jungen: 79,7 Jahre). Hier lag die Lebenserwartung für Mädchen um 1,8 Jahre beziehungsweise für Jungen um 3,9 Jahre höher als in Sachsen-Anhalt (Mädchen: 82,3 Jahre; Jungen: 75,8 Jahre).

Im Fünftel der Regionen mit der höchsten sozioökonomischen Deprivation (5. Deprivationsquintil) belief sich die Lebenserwartung 2021 bei Mädchen auf 81,9 Jahre und war damit um 2,2 Jahre niedriger als im Fünftel der Regionen mit der niedrigsten Deprivation (1. Deprivationsquintil: 84,1 Jahre). Bei Jungen war die Lebenserwartung in den sozioökonomisch hochdeprivierten Regionen mit 76,2 Jahren um 3,5 Jahre niedriger als in Regionen mit niedriger Deprivation (1. Deprivationsquintil: 79,7 Jahre).

Fazit

Die Lebenserwartung für weibliche und männliche Neugeborene ist seit Anfang der 2000er-Jahre angestiegen. Im Zuge der COVID-19-Pandemie sank die Lebenserwartung. Die Unterschiede in der Lebenserwartung zwischen Mädchen und Jungen haben in den letzten Jahren abgenommen. Die beobachteten Ungleichheiten in der Lebenserwartung zwischen Deutschlands deprivierten und wohlhabenden Regionen sind in den letzten 20 Jahren immer größer geworden, was maßgeblich auf die sozial ungleiche Entwicklung der Sterblichkeit infolge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, chronischen Lungenerkrankungen und die im Jahr 2020 neu aufgetretene Infektionserkrankung COVID-19 zurückzuführen ist (Tetzlaff et al. 2024). Die sozioökonomischen Unterschiede fallen noch größer aus, wenn statt der Quintile der am stärksten und der am wenigsten deprivierte Kreis miteinander verglichen werden. Dieser Unterschied betrug im Zeitraum 2015/2017 bei Mädchen 3,2 Jahre und bei Jungen 6,0 Jahre (Michalski et al 2022).

Methodik und Datenquellen

Definition

Der Indikator Lebenserwartung gibt an, wie viele Lebensjahre ein Neugeborenes bei Geburt durchschnittlich zu erwarten hat, wenn die beobachteten Sterblichkeitsverhältnisse des jeweiligen Jahres über die gesamte Lebenszeit hinweg konstant blieben.

Bezugspopulation

Bevölkerung mit ständigem Wohnsitz in Deutschland.

Datenquelle und Fallzahl

Die Daten der Statistik der Sterbefälle und der Todesursachenstatistik (1,066 Millionen Sterbefälle im Jahr 2022) sowie der Fortschreibung des Bevölkerungsstandes (84,4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner) kommen von den Statistischen Ämtern der Länder und des Bundes.

Datenqualität

Die Statistik der Sterbefälle ist eine Vollerhebung mit Auskunftspflicht. Sie umfasst alle Sterbefälle in der Wohnbevölkerung, die in Deutschland standesamtlich registriert werden, unabhängig vom Sterbeort. Ist der Sterbeort im Ausland, wird der Sterbefall erfasst, sofern er nachträglich standesamtlich beurkundet wird. Es finden mehrstufige Vollständigkeit- und Plausibilitätskontrollen statt, sodass eine hohe Zuverlässigkeit gegeben ist (Destatis 2024).

Weiterführende Links

Berechnung

  • Beschreibung: Die Lebenserwartung bei Geburt beschreibt die durchschnittliche Anzahl an Jahren, die ein Neugeborenes zu erwarten hat, wenn die beobachteten Sterblichkeitsverhältnisse des jeweiligen Jahres über seine gesamte Lebenszeit hinweg konstant blieben.
  • Stratifizierung: Die Berechnung der Lebenserwartung erfolgt stratifiziert nach Geschlecht, Bundesland und sozioökonomischer Deprivation. Die Stratifizierung nach Bundesland erfolgt basierend auf Informationen zum Wohnort der Verstorbenen. Die Stratifizierung nach regionaler sozioökonomischer Deprivation erfolgt auf Grundlage des German Index of Socioeconomic Deprivation (GISD) (Jahre 2003 – 2020: GISD Release 2022v0.1; Jahr 2021: GISD Release 2022v0.2) (Michalski et al. 2022) und bezieht sich im Unterschied zu den anderen Ergebnissen auf das angegebene Kalenderjahr. Der GISD fasst Merkmale der Erwerbs-, Bildungs- und Einkommenssituation für jeden Kreis und jede kreisfreie Stadt in einer Kennzahl zusammen. Die Kreise werden entlang ihrer GISD-Werte in Quintile von niedriger bis hoher sozioökonomischer Deprivation eingeteilt, die über den Wohnort der verstorbenen Person mit den Mortalitätsdaten verknüpft werden. Die Berechnung der Lebenserwartung erfolgt stratifiziert nach niedriger (1. Quintil), mittlerer (2. – 4. Quintil) und hoher Deprivation (5. Quintil). Unterschiede in der Lebenserwartung nach sozioökonomischer Deprivation beziehen sich auf die räumliche Ebene.
  • Berechnungen: Die Berechnung der Lebenserwartung erfolgt mittels Periodensterbetafeln, welche die Sterblichkeitsverhältnisse in einer Bevölkerung unabhängig von deren Größe und Altersstruktur quantifizieren. In die Berechnung gehen Sterbe- und Überlebensraten eines jeden Altersjahres ein (Destatis 2024). Die verwendeten Daten für Deutschland insgesamt sowie für die Bundesländer stammen vom Statistischen Bundesamt (Destatis 2024). Die Berechnung der Lebenserwartung basiert auf einem Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren, zuletzt 2020 bis 2022. Die Lebenserwartung für die Landkreise und kreisfreien Städte sowie die Quintile der sozioökonomischen Deprivation erfolgte am Forschungsdatenzentrum von Destatis und basiert auf Einzeljahren, zuletzt für das Jahr 2021 (Todesursachenstatistik 2003 - Todesursachenstatistik 2021).

Publikationen zum Thema

Age-specific and cause-specific mortality contributions to the socioeconomic gap in life expectancy in Germany, 2003–21: an ecological study

01.05.2024, Fachartikel, English

Background: Earlier death among people in socioeconomically deprived circumstances has been found internationally and for various causes of death, resulting in a considerable life-expectancy gap between socioeconomic groups. We examined how age-specific and cause-specific mortality contributions to the socioeconomic gap in life expectancy have changed at the area level in Germany over time.

Methods

German Index of Socioeconomic Deprivation (GISD): Revision, Aktualisierung und Anwendungsbeispiele

09.12.2022, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Hintergrund: Regionale Deprivationsindizes erlauben, Zusammenhänge zwischen sozialer Benachteiligung und Gesundheit mit Daten zu analysieren, die selbst keine Information über die sozioökonomische Position der Individuen enthalten. Der vorliegende Beitrag stellt die Revision des German Index of Socioeconomic Deprivation (GISD) vor und präsentiert beispielhaft Zusammenhänge mit der Lebenserwartung …

Soziale Unterschiede in der Mortalität und Lebenserwartung in Deutschland. Aktuelle Situation und Trends

14.03.2019, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Soziale Unterschiede in der Mortalität und Lebenserwartung sind ein deutlicher Ausdruck bestehender sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit in der Bevölkerung. Nach Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) der Jahre 1992 bis 2016 sterben 13 % der Frauen und 27 % der Männer aus der niedrigsten Einkommensgruppe bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres, während dies in der höchsten …

Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland – aktuelle Trends

14.03.2019, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Die Lebenserwartung in Deutschland ist seit Beginn der 1990er-Jahre um 4,2 Jahre bei den Frauen auf nunmehr 83,2 Jahre und um 5,9 Jahre bei den Männern auf 78,4 Jahre angestiegen. Verbunden mit diesem Anstieg ist die zunehmende Angleichung der Lebenserwartung in den neuen an die in den alten Bundesländern. Bei Frauen lag die Lebenserwartung in den neuen Bundesländern zuletzt sogar leicht über der …