Armutsrisikoquote (Soziale und ökonomische Rahmenbedingungen)

Menschen, die aufgrund eines geringen Einkommens von Armut betroffen oder bedroht sind, erfahren materielle und strukturelle Benachteiligung, haben verminderte Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe und haben erhöhte Risiken für gesundheitliche Beeinträchtigungen, chronische Erkrankungen und vorzeitige Sterblichkeit. Die Armutsrisikoquote (auch Armutsgefährdungsquote) beschreibt den Anteil in der Bevölkerung, der unter der Armutsrisikogrenze lebt. Die Armutsrisikogrenze wird dann unterschritten, wenn das anhand von Anzahl und Alter der Haushaltsmitglieder bedarfsgewichtete Haushaltseinkommen (Netto-Äquivalenzeinkommen) weniger als 60 % des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung beträgt (relative Armut) (Lampert et al. 2019, Lampert et al. 2017).

Schon gewusst?

(Soziale und ökonomische Rahmenbedingungen)

Im Zeitverlauf zeigt sich, dass die Armutsrisikoquote seit 2005 angestiegen ist.

(Soziale und ökonomische Rahmenbedingungen)

16,6 % der Bevölkerung war im Jahr 2023 von Armut bedroht.

(Soziale und ökonomische Rahmenbedingungen)

38,5 % der Personen aus Haushalten, in denen die haupteinkommensbeziehende Person in der niedrigen Bildungsgruppe ist, waren durch Armut bedroht.

Visualisierung

Darstellung
Geschlecht

Zeitverlauf

NachRegion

NachAlter

NachGechlecht

NachBildung

Ergebnis

Im Jahr 2023 lebten in Deutschland 16,6 % der Bevölkerung unterhalb der Armutsrisikoschwelle und galten damit als armutsgefährdet. Dabei waren Frauen (17,6 %) häufiger armutsgefährdet als Männer (15,5 %). Bei der Betrachtung nach Altersgruppen waren Personen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren am häufigsten betroffen (25,0 %). Die Armutsrisikoquote unterscheidet sich stark zwischen den Bundesländern, wobei die höchsten Quoten in Bremen (28,8 %) und Berlin (20,0 %) vorlagen, die niedrigsten Quoten in Baden-Württemberg (13,5 %) und Bayern (12,8 %). Große Unterschiede sind auch bei der Betrachtung nach Bildungsstatus zu erkennen: 38,5 % der Personen aus Haushalten, in denen die haupteinkommensbeziehende Person der niedrigen Bildungsgruppe angehört, waren von Armut gefährdet. Demgegenüber waren nur 7,3 % der Personen aus Haushalten, in denen die haupteinkommensbeziehende Person der hohen Bildungsgruppe angehört, von Armut gefährdet. Insgesamt zeigt sich im zeitlichen Verlauf, dass die Armutsrisikoquote zwischen 2005 (14,7 %) und 2023 angestiegen ist.

Fazit

Insgesamt zeigt sich, dass die Armutsrisikoquote im Zeitverlauf gestiegen ist. Auch die Unterschiede zwischen den Altersgruppen, Bundesländern und Bildungsgruppen bleiben groß. Politische Maßnahmen zur Verringerung von Armutsrisiken in der Bevölkerung können sich positiv auf die Gesundheit sozial benachteiligter Gruppen auswirken und dazu beitragen, gesundheitliche Ungleichheiten in der Bevölkerung zu verringern. So können auch Maßnahmen in Politikfeldern außerhalb der Gesundheitspolitik im Sinne eines Health-in-all-Policies-Ansatz zur Förderung der Gesundheit in der Bevölkerung beitragen.

Methodik und Datenquellen

Definition

Der Indikator Armutsrisikoquote ist definiert als Anteil der Bevölkerung mit einem Netto-Äquivalenzeinkommen von weniger als 60 % des mittleren Netto-Äquivalenzeinkommens der Bevölkerung in Hauptwohnsitzhaushalten.

Bezugspopulation

Personen in Hauptwohnsitzhaushalten in Deutschland.

Datenquelle

Der Mikrozensus (www.mikrozensus.de) ist die größte jährliche Haushaltsbefragung, die von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder gemeinschaftlich durchgeführt wird. Es wird rund 1 % der Bevölkerung in Deutschland, die in privaten Haushalten und Gemeinschaftsunterkünften lebt, zu ihren Arbeits- und Lebensbedingungen befragt.

Datenqualität

Die regionalen Unterschiede im Einkommensniveau werden nicht berücksichtigt. Eine solche Berücksichtigung regionaler Unterschiede ist möglich, wenn statt des Bundesmedians des Einkommens, der Landesmedian des jeweiligen Bundeslandes verwendet wird. Diese Daten sind bei Destatis verfügbar. Aufgrund einer Neugestaltung des Mikrozensus, sind die Ergebnisse ab dem Erhebungsjahr 2020 nur eingeschränkt mit den Mikrozensus-Ergebnissen aus den Vorjahren vergleichbar. Die Neugestaltung ab 2020 betraf das Fragenprogramm, die Konzeption der Stichprobe sowie die Einführung eines Online-Fragebogens für die Datengewinnung (Destatis - Neuregelung ab 2020).

Berechnung

  • Beschreibung: Quotient aus der Anzahl der Personen unterhalb der Armutsrisikogrenze und der Gesamtbevölkerung. Nähere Informationen zum Schwellenwert für die Armutsrisikogefährdung sind an anderer Stelle aufgeführt (Destatis et al. 2021).
  • Stratifizierung: Der Bildungsstatus wurde anhand der International Standard Classification of Education (ISCED) (Eurostat 2022) ausgewiesen, in die Angaben zu schulischer und beruflicher Qualifizierung der Person mit dem höchsten Einkommen im Haushalt eingehen und eine Einteilung in eine niedrige, mittlere und hohe Bildungsgruppe ermöglicht. Die Darstellung nach Bundesland basiert auf dem Wohnort der Person.
  • Berechnungen: Die Ergebnisse des Mikrozensus werden auf die Bevölkerung hochgerechnet. Weitere Informationen zum Hochrechnungsverfahren finden sich im Qualitätsbericht des Mikrozensus (Destatis 2024 )

Weiterführende Links

Publikationen zum Thema

Sozioökonomischer Status und Gesundheit

04.06.2024, Fachartikel, Deutsch

Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status haben schlechtere Gesundheitschancen und höhere Risiken für eine Vielzahl körperlicher und psychischer Erkrankungen als jene mit höherem sozioökonomischem Status. Dieser Beitrag gibt einen Überblick darüber, welche Daten und Befunde hierzu für Deutschland vorliegen und welche Entwicklungen sich in diesen beiden Bereichen abzeichnen. Dazu wird …

Bildung als Ressource für Gesundheit

10.03.2021, Bericht, Deutsch

Neben dem Einkommen besitzt auch die Bildung einen hohen Stellenwert für die Gesundheit. Durch den Zusammenhang zwischen formalen Bildungsabschlüssen und der Stellung in der Arbeitswelt ergeben sich Bezüge zu berufsbezogenen Belastungen und Ressourcen sowie zur Einkommenssituation. Bildung drückt sich außerdem in Wissen und Handlungskompetenzen aus, die eine gesundheitsförderliche Lebensweise und …

Auswirkungen von Armut auf den Gesundheitszustand und das Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen

16.09.2019, Fachartikel, Deutsch

Einleitung: Analysiert werden Unterschiede im Gesundheitszustand und Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen unter Berücksichtigung der Einkommenssituation der Familie.

Methode: Als Datenbasis dient die zweite Folgeerhebung der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS Welle 2, 2014–2017). Als Gesundheitsoutcomes werden die subjektive Gesundheit, …

Soziale Unterschiede in der Mortalität und Lebenserwartung in Deutschland. Aktuelle Situation und Trends

14.03.2019, Journal of Health Monitoring, Deutsch

Soziale Unterschiede in der Mortalität und Lebenserwartung sind ein deutlicher Ausdruck bestehender sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit in der Bevölkerung. Nach Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) der Jahre 1992 bis 2016 sterben 13 % der Frauen und 27 % der Männer aus der niedrigsten Einkommensgruppe bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres, während dies in der höchsten …

Indikatoren

Indikatoren zum Thema Soziale und ökonomische Rahmenbedingungen